Geschichten:Frühlingssturm - Mirl gegen Aldron

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Mirl war in die Bahn eingeritten, kaum dass der Binsböckel und der Bregelsaum sie verlassen hatten, doch Seine Hochgeboren, Aldron von Firunslicht, ließ noch auf sich warten. Das gab ihr genug Zeit, den Sitz ihres Schultergeschübes ein letztes Mal zu überprüfen und ihrem Pferd mit leiser Stimme zu verstehen zu geben, dass es sich nicht über Gebühr ereifern sollte. Vielleicht war es am Ende doch ganz gut gewesen, dass sie ihren Vater noch vor dem Lanzengang mit einer Kostprobe von Thadasgyrrs Können verwöhnt hatte, denn aufgrund der vorangegangenen Anstrengungen war der junge Hengst jetzt erstaunlich ruhig. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, minimierte er das doch das Risiko, dass er heute wieder nicht wissen würde wohin mit seiner Kraft und seiner Aufmerksamkeit. Heute war er bei ihr und würde es auch bleiben ...

... und das war auch wirklich bitter nötig! Ein missmutiges Brummen entrang sich der Kehle der jungen Edlen, als sie einmal mehr des Mannes gedachte, gegen den sie gleich würde anreiten müssen. Sicher, im letzten Jahr hatte sie auf der Turney in Angbar aus einer Laune heraus Nimmgalf von Hirschfurten gefordert ... aber das war etwas ganz anderes gewesen. Ihr freier Entschluss – und nicht eine Wahl, die ihr von einem Los aufgezwungen wurde. Auf Dauer würde es sie wohl kaum glücklich machen, bei jedem Tjost bereits im ersten Gang auszuscheiden. Einmal mehr verfluchte sie ihr fast schon sprichwörtliches Pech und schloss dann mit dem Thema ab.

Ihre Niederlage mochte bereits im Voraus feststehen, aber das bedeutete ja nicht, dass sie dem ehemaligen Crongewaltvogt keine Gegenwehr leisten konnte.

Und darüber hinaus war das Turnier bis hierher ja auch recht erfreulich verlaufen. Crevan war gleich als Erster angetreten und hatte den Streiter vom Zornesorden mit einem beachtlichen Stoß aus dem Sattel befördert. Der Weidener Baronet, den sie am Vorabend kennen gelernt hatte, war seiner gestern noch vollmundig angekündigten Favoritenrolle zwar nicht ganz gerecht geworden, da er sich bereits im ersten Anritt vom Pferd stoßen ließ, in dem darauf folgenden Fußkampf aber hatte er eine sehr gute Figur gemacht. Und schließlich hatte sich ihr Vater erwartungsgemäß im Sattel gehalten. Eine gute Ausbeute, schade nur, dass sie die Reihe jetzt durchbrechen musste.

Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, als am anderen Ende der Tjostbahn eine düstere Gestalt in die Schranken einritt – Aldron hatte also doch noch den Weg gefunden. Grüßend nickte sie dem Firunslichter zu, warf dann einen Blick zur Tribüne hinüber, neigte das Haupt vor ihrer Schwertmutter und lächelte ihrer Großcousine, ihrem Vater sowie dessen Schwertsohn zu, bevor sie den Helm aufsetzte und entschlossen nach der ersten Lanze griff.

Drei Anritte später fand sie sich endlich auf dem Rücken liegend wieder, in ein erbittertes Gefecht mit ihrem verletzten Stolz und dem aufwallenden Zorn verstrickt. Im dritten Anlauf. Verdammter Orkscheiß! Genau wie im letzten Jahr bei dem Hirschfurter. Im dritten ... nachdem der Firunslichter zuvor schon ordentlich gewankt hatte. Was war es nur mit diesem verfluchten dritten Anritt? Unter Aufbietung all ihrer Kraft unterdrückte sie einen markerschütternden Zornesschrei und rappelte sich dann auf. Sie riss sich den Helm vom Kopf, schaffte es gerade noch davon abzusehen, ihn frustriert zu Boden zu schmettern und trat dann den bitteren, den Fußweg aus der Bahn hinaus an – wobei ein jeder Schritt ihrem maßlosen Ärger den gebührenden Ausdruck verlieh ...

Bei Rondra! Er hatte die Mees-Mersingen doch unterschätzt. Ihm waren selten Reiter entgegengetreten, die dermaßen an ihrem Sattel klebten in der Tjoste wie diese junge Edle. Im zweiten Anlauf hätte sie es sogar fast geschafft, ihn aus dem Sattel zu heben. Den Stoß spürte er immer noch im Schildarm. Es war eine gute Entscheidung gewesen, beim dritten Mal etwas ruhiger anzureiten und sich etwas mehr auf die Deckung zu konzentrieren. Und das hatte ja auch zum Erfolg geführt. Endlich...

Zufrieden legte er den Schaft der Lanze in die dafür vorgesehene Sattelschlaufe. Als er sich umsah, bemerkte er, dass seine Gegnerin schon auf dem Weg aus der Bahn war, ließ er Kerdosch in einen lockeren Trab fallen um sie noch einzuholen. Sie schien wütend zu sein, dass konnte er aus ihrem energischem Gang leicht lesen. Offensichtlich nahm sie den verlorenen Sieg recht schwer. Die Jahre würden ihr hoffentlich das Gemüt noch etwas kühlen, dann konnte aus ihr eine wahrlich respekteinflössende Tjostgegnerin werden.

Als er auf eine Nähe an sie heran war, dass er Rufen konnte, ohne dass das gesamte Turnierfeld ihn hören würde, sprach er sie an: „Gut gestritten, Wohlgeboren. Ihr habt euch meinen Respekt verdient – und ich freue mich auf das nächste Mal, wenn ich mich an euch prüfen können werde.“

"Verbindlichsten Dank, Hochgeboren", trotz ihres offenkundigen Zorns neigte die junge Edle respektvoll das Haupt und schaffte es gar, ein schiefes Lächeln auf ihre Züge zu zaubern, "Es war mir eine große Ehre und ich werde natürlich mit Freuden bereitstehen, wenn Ihr mich das nächste Mal fordert – auf dass das Ergebnis irgendwann einmal ein anderes sein werde." Für einen Moment glaubte der Firunslichter ein amüsiertes Funkeln in den Augen der Mees-Mersingen zu erkennen, doch dann wandte sie sich bereits zum Gehen.

"Ich wünsche Euch viel Erfolg für die kommenden Lanzengänge, Hochgeboren. Gloria!"



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Texte der Hauptreihe:
5. Ing 1030 BF zur mittäglichen Rahjastunde
Mirl gegen Aldron
Ein Veteran schlägt sich wacker


Kapitel 50

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