Geschichten:Fluss der Erkenntnis – Ein Treffen, windumtost

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Hochnjerburg, Königlich Neerbusch, Mitte Hesinde 1038 BF:

Es war, als hätten sich Rondra und Firun zu einem wilden Tanz vereint. Sturmisch tänzelten Firuns Eiskristalle zu Rondras Atem. Es war bereits bitter kalt. Fröstelnd stand Mulziber von Tannengrund auf der Turmplattform der „Langen Hallermine“. Langsam und vorsichtig näherte er sich den Turmzinnen. Der Boden war bereits etwas glatt. An den Zinnen angekommen, wagte er einen flüchtigen Blick in den nur mäßig beleuchteten Burghof. Nun hieß es einfach nur warten. Warten auf eine bestimmte Person.

Der Ritter von Alriksrode hatte noch die Worte des Irren im Ohr: Wichtelmoor, Koboldtünpel … hölzerner Derril … Helden des Njertal … keine Helden. Was hatte es damit auf sich? Die Helden des Njertals waren Mulziber noch ein Begriff. Nahezu jeden Abend besangen Barden die Heldentaten der waldsteiner Adligen und diese Heldentaten waren es schließlich, die seinen Freund Leomar das Amt des Kronvogtes von Neerbusch brachten. Auch war es nicht schwer von Koboldtümpel auf Feenwasser zu kommen. Er war einer der engsten Berater Leomars und dazu noch äußerst ansehnlich, wie Mulziber empfand. Sein Anblick, wie er gänzlich unbekleidet in das Becken der Therme stieg; ihm wurde bei dem Gedanken gleich etwas wärmer in dieser Firunskälte. Was aber, wenn diese so ruhmreich besungenen Heldentaten gar keine waren? Wie hieß es doch in den Heldenepen? Kronvogt Derril von Waidbrod, der Vorgänger von Leomar im Amte, konnte von den Helden nur noch tot geborgen werden, ermordet von einem Verräter, von einem Diener des Namenlosen. So besangen es die Barden. Was aber, wenn das alles eine Lüge war?

Das Knarren der Tür riss Mulziber von Tannengrund aus seinen Gedanken und er drehte sich abrupt um. Zu abrupt, fast wäre er dabei ausgerutscht. Im Türrahmen stand, trotz des Wetters in leichter, rahjagefälliger Kleidung gehüllt, Ardare Rondriane von Trenck, die schöne Gemahlin von Kronvogt Leomar. Der sighelmsmärker Ritter musterte die Geweihte der Rahja. Wie üblich, trug sie das, was andere ihre Vorzüge nannten, mehr zur Schau als das sie sie verhüllte. Er konnte einfach nicht verstehen was Leomar an ihr fand. Sie war eine Frau. Er selber hatte Kinder nur wegen der Familienräson gezeugt. So weit, so gut. Leomar hatte aber bereits welche aus erster Ehe. Er musste also irgendwas an ihr finden, aber das entzog sich der Vorstellungskraft des Ritters. Die Schwäche des Kronvogtes für den Feenwasser konnte Mulziber hingegen sehr gut nachfühlen. Was für ein stattlicher Mann.

„Ihr wolltet mich sprechen, Hoher Herr?“, Ardare schaute ihrem gegenüber eindringlich in die Augen - und konnte nur Firunskälte erkennen. Fast hatte sie vergessen, dass sie bei ihm mit ihren Verführungskünsten nichts bewirken konnte.

„Eure Gnaden, Ihr habt mir einen Ausritt ins Misteltal anempfohlen“. Die Stimme des Ritters klang ebenso unterkühlt wie das Wetter um sie herum. „Und da frage ich mich warum ihr es tatet und sagt mir nicht der Aussicht wegen.“

„Ah gut, Ihr habt den Alten vom Misteltal getroffen.“ Ardare lächelte zufrieden.

„Ihr meintet wohl der den Irren vom Misteltal.“

„Ah ah, so einfach ist das nicht, des Irren Mund tut Wahrheit kund, zuweilen jedenfalls.“ Grazile Finger fingen ein paar Haarsträhnen ein, die der Wind wild durch das Gesicht der Frau wehten.

„Glaubt Ihr dem Gefasel etwa?“

„Nun, ich hatte sehr erhellende Unterhaltungen mit dem Sohn des Alten… .“ Ardare lächelte vielsagend.

„Davon bin ich überzeugt, Euer Gnaden.“ Mulziber wirkte wenig erbaut.

„… Außerdem redet mein Gemahl im Schlaf. Es war der Feenwasser, er hat den Kronvogt umgebracht. Dieses neuadlige Gezücht ist wie ein Geschwür, was versucht den alten Adel aufzufressen.“

„Es freut mich für Euch, dass Euer Gemahl Eure Gemächer ebenfalls aufsucht um nur zu schlafen. Doch . . . warum erzählt Ihr mir das alles?“ Er drückte seinen Pelzkragen enger an seinen Hals. `Diese verdammte Kälte´. Sicherlich, Tannengrund hatte ebenso wenig etwas für Neuadlige übrig wie die königliche Bademeisterin, aber der Feenwasser, nun, der war einfach ein Bild von einem Mann. Da konnte man auch schon mal über kleine Fehler hinwegsehen.

„Der Feenwasser ist zu mächtig geworden, er übt zu viel Einfluss auf Euren Freund, meinen Gemahl aus. Ich kann hier in der waldsteiner Wildnis nicht viel erreichen. Zumal, Ihr mögt das aus eigener Erfahrung kennen, ist doch die Ehefrau kein geeignetes Werkzeug, um den Umgang des werten Gemahls zu tadeln. Ihr aber habt Einfluss an wichtigen Stellen und könnt diesen Emporkömmling zu Fall bringen.“

„Euer Gnaden, ich muss Euch leider enttäuschen, denn ich werde mich nicht in irgendwelche waldsteiner Provinzpossen einmischen. Zumal es keinerlei stichhaltige Beweise gibt. Das Wort des Irren zählt nichts gehen das Wort von einem Adligen mit tadellosen Leumund, sei er auch einer dieser Neuadligen.“ Mit diesen Worten rauschte Mulziber an der Gemahlin des Kronvogtes vorbei. Sicherlich, die Verstrickungen des Feenwassers waren interessante Neuigkeiten und er war geneigt diese zu nutzen. Allerdings anders als die Trenck es dachte.

Die so abrupt Zurückgelassene schäumte innerlich vor Wut. `Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich. Dieser kastrierte Hengst wird schon sehen was er davon hat´.