Geschichten:Familienfrieden - Verlobung auf Weidensee

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Verlobung auf Weidensee

Ingerimm 1033 BF, Weidensee, Eslamsroden

Die Gruppe die sich in der Dämmerung aus Firun kommend dem Gut Weidensee näherte war nicht sehr groß. Drei Reiter auf großen Pferden, zwei vorweg und die kleinste, dritte Person, ein Packpferd hintendran führend. Im Licht der Abendsonne konnte man das typische Blitzen einer metallenen Rüstung erkennen und schließlich, als die Gruppe auf wenige hundert Schritt an das Gut heran gekommen war, auch die Wappen der beiden führenden Ritter.

Der Baron von Eslamsroden näherte sich dem Junkerngut das viele Jahre seine Heimat gewesen war. Auch heute noch, wo er sich viel öfter in Eslamsroden und Tiefenquell, seiner Verwaltung, aufhielt, kam er immer wieder gerne hierher zurück. In solch heimeligen Momenten konnte er vergessen, dass er im Zuge der Belehnung als Baron des Junkertitels verlustig gegangen war. Doch da bisher noch immer kein neuer Herr über Weidensee bestimmt worden war, hatte seine Familie die Verwaltungsarbeit einfach fortgeführt, bis über die Nachfolge bestimmt wurde. Die Mühlräder der märkischen Verwaltung waren stellenweise langsamer geworden, seit die Greifin sich in die Obhut der Boron-Kirche begeben hatte und der Meister der Mark konnte auch nicht überall zugleich sein.

Zwei Brüder und eine Schwester Greifwins kamen von den Rufen des Stallknechts alarmiert aus dem Haus um die Ankommenden zu begrüßen. Mochte die Rückkehr des ältesten Bruders sie auch erfreuen, so schwankte der Ausdruck ihrer Mienen ob seiner Begleitung doch eher zwischen Erstaunen und Feindseligkeit. Denn niemand anderes als der Baron von Kressenburg, ihr Vetter aus dem ungeliebten älteren Haus Keilholtz, ritt neben ihm heran. Das junge Mädchen im Gefolge trug ebenfalls die Kressenburger Farben.

Greifwin war kaum abgestiegen, als er seine Geschwister auch schon freudig und ohne jede Scheu vor dem Gast begrüßte. Ihre Zurückhaltung musste ihm aufgefallen sein, doch ließ er sich vorerst nichts anmerken. „Firngrimm, Yanis. Das ist Ardo von Keilholtz. Ardo, dies sind meine jüngeren Brüder. Ifirnia und du kennt euch ja schon. Die junge Dame hier ist Mechthild von Kieselholm, Ardos Knappin.“ Fast verlegen und ohne Überschwang wurden schnell ein paar Worte zur Begrüßung ausgetauscht, während Mechthild und der Stallknecht die Pferde in den Stall führten.

Eine halbe Stunde später saßen Ardo und seine Knappin auf der einen und Greifwins Geschwister auf der anderen Seite am großen Tisch im Speisesaal, während Greifwin selbst zu seiner Großmutter gegangen war um sie noch vor dem Abendessen über das Wichtigste zu unterrichten. Eine Magd hatte für jeden einen Humpen Bier gebracht. Nun saß man sich schweigend gegenüber, nachdem sich zaghafte Gesprächsversuche über das Wetter und den Zustand der Straßen schnell erschöpft hatten. Für eine Diskussion über die letzten Ereignisse in Lodenbach und auf dem Reichskongress fand Ardo indes die Runde zu gezwungen. Er kannte von keinem seiner Gegenüber die Einstellung zu diesen Themen und wollte nicht Gefahr laufen noch vor dem Abendessen einen Streit zu provozieren. Mechthild starrte die meiste Zeit auf ihre Hände und blickte nur dann und wann kurz auf, wenn jemand anderes am Tisch eine Bewegung machte. Einmal blickten alle zugleich auf und alle Blicke kreuzten sich, als die Stimme von Großmutter Ingrimma laut wurde. Die dicke Eichentür verhinderte zwar, dass verständliche Worte zu den Wartenden vordrangen, doch Ardo glaubte zu wissen welches Anliegen sein Vetter gerade angesprochen haben musste.

Es dauerte weitere zehn Minuten, bis sich die Tür endlich mit einem vernehmlichen Knarzen öffnete. Langsam und betont würdevoll schritt Ingrimma Keilholtz vor ihrem ältesten Enkel in den Raum, während Greifwin ihr mit einem verkniffen wirkenden Lächeln folgte. Ardo erhob sich und trat einen Schritt auf die alte Dame zu. Mit einer galanten Verbeugung begrüßte er sie und schaffte es sogar ein offenes Lächeln zur Schau zu stellen als er sie begrüßte.

„Euer Wohlgeboren, es ist mir eine Freude und eine Ehre Euch endlich persönlich kennenzulernen. Ich bedaure es sehr, dass die Umstände unsere Familie in den letzten Generationen so sehr gespalten haben und hoffe, dass wir zukünftig wieder in Freundschaft und mit gegenseitigem Respekt verkehren können.“

Frostig und steif nahm Ingrimma die Begrüßung des jungen Barons entgegen. Man erkannte deutlich, dass der Alt-Keilholtzer mit keinem seiner freundlichen Worte zu ihr durchgedrungen war. Ohne ein Wort nahm sie am Kopf des Tisches Platz, während Mechthild stellvertretend für ihren Baron rot anlief. Ardo indes versuchte sich nichts anmerken zu lassen als er sich wieder setzte, doch war seine Mimik nun genauso verschlossen wie die von Ifirnia und Ingrimma. Auch Greifwin, der sich demonstrativ neben seinen Vetter setzte, war die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Bevor noch etwas gesagt werden konnte, kam schon die Magd wieder herbei und trug auf einem großen Tablett heiß dampfende Schüsseln mit dem Abendessen für die sieben Adligen herein. Auf Greifwins hastigen Wink hin servierte sie und gab so den Anwesenden einen willkommenen Vorwand weiterhin zu schweigen, ohne dabei unhöflich zu erscheinen.

Erst als die Schüsseln wieder abgeräumt und ein jeder ein frischens Bier vor sich stehen hatte, ließ sich ein ernsthaftes Gespräch nicht länger vermeiden. Ingrimma schwieg weiter eisern und so war es an Greifwin seinen Geschwistern von der Absprache mit Ardo zu berichten.

Wie zu erwarten gewesen war nahm Ifirnia die Nachricht, dass sie fortan mit dem Kressenburger Baron, einem Alt-Keilholtzer, verlobt sein würde nicht widerspruchslos hin. Als ihr gar eröffnet wurde, dass auch der Hochzeitstermin schon feststand, warf sie voller Wut den Bierkrug um und verließ schimpfend das Haus. In die entstehende Stille hinein erklärte Greifwin seinen Brüdern welche Vorbereitungen bereits in der nächsten Zeit begonnen werden mussten und in seiner nächsten Abwesenheit erledigt werden sollten. Immerhin standen im Sommer große Landwehrübungen an und auch Ardo und Greifwin hatten vom Meister der Mark wichtige Aufgaben erhalten.

Ingrimma Keilholtz verabschiedete sich irgendwann von ihren drei Enkeln, wieder ohne Ardo und seine Knappin eines Wortes zu würdigen und begab sich zur Ruhe. Auch Mechthild wurde von ihrem Schwertvater bald zu Bett geschickt. Die vier jungen Männer aber redeten noch bis lange in die Nacht hinein über den Reichkongress und die kleinen und großen Sorgen, die er für Greifenfurt mit sich gebracht hatte.