Geschichten:Ende einer Ära - Investition in die Zukunft

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Dramatis personae:


Anfang Rondra 1034 BF,

Orelan trieb sein Streitross immer weiter an, sein Tross hatte Mühe, dem angeschlagenen Tempo zu folgen. Drei Tage, dachte sich Orelan, ich habe drei Tage verloren. Seine Verletzung, die dämonischen Ursprungs und eine schmerzhafte Erinnerung an die Schlacht in den Wolken war, forderte ihren Tribut. Die Teilnahme am Bärenauer Turnier hatte ihn so geschwächt, dass er unterwegs drei Tage in einem Wirtshaus verbringen musste, um dem starken Fieber und der Erschöpfung Herr zu werden. Kaum bei Kräften setzte Orelan seinen Tross wieder in Bewegung.

Am späten Nachmittag passierten sie endlich die Stadttore von Gareth und trafen am Hofe des Marktvogtes ein. Nur mühsam konnte sich Orelan aus dem Sattel schwingen und plumpste beinahe auf den Boden, hätte Grothan Spalotin ihn nicht in letzter Sekunde den Rücken gestützt.

«Hoppla, Herr Ritter. Passt auf! So habe ich Euch noch nie vom Pferd steigen sehen. Alles in Ordnung?» wollte der Sekretär und langjährige Wegbegleiter des Markvogtes wissen.

Orelan drehte sich zu Grothan an und musterte diesen mit kalten Augen. «Ich brauche eine Audienz bei seiner kaiserlichen Hoheit. So rasch es geht.»

«Kein Problem.» erwiderte Grothan. «Der Markvogt erwartet Euch bereits.»

Beim Namenlosen, dachte sich Orelan, er ist mir schon wieder eine Nasenlänge voraus. Er lief zur Tränke und steckte seinen Kopf hinein, was von den nach den Strapazen durstigen Rössern mit einem vernehmlichen Schnauben quittiert wurde.

«Sagt ihm, dass ich mich noch von der langen Reise frisch machen muss. Ich kann ihm so nicht unter die Augen treten.» und schaute an seiner staubigen und verdreckten Kleidung herunter.

Grothan quittierte den Wunsch mit einem leichten Kopfnicken und wandte sich ab.


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«Herein!» donnerte die Stimme Barnhelms aus dessen Arbeitszimmer heraus, als dieser das Klopfen an der massiven Eichentüre vernahm. «Ah, mein treuer Ritter Orelan. Ich hörte, Ihr wolltet mich sprechen. Was habt Ihr auf dem Herzen?»

Orelan näherte sich dem Markvogt gemessenen Schrittes und legte ihm ein gesiegeltes Pergament auf den edlen Schreibtisch aus Mohagoniholz. «Ich bitte Euch gnädigst, mich aus Euren Diensten zu entlassen, kaiserliche Hoheit. Ich denke, es ist mehr als an der Zeit, dass ich mein eigenes Schicksal in die Hände nehme. Ihr habt sehr viel für mich getan, wofür ich Euch zu grossem Dank verpflichtet bin und für immer in Eurer Schuld stehen werde.»

Barnhelm musterte sein Gegenüber eingehend. «Aha, hat Euch der Ehrgeiz doch noch gepackt. Nun gut. Ich stehe Euch nicht im Weg. In der Tat habe ich mit einem solchen Schritt gerechnet.» Er öffnete eine Schublade an seinem Schreibtisch und zog zwei Pergamente hervor. Das eine warf er salopp auf den Schreibtisch. «Euer Entlassungspapier.» Danach stand er auf und wandte sich dem Fenster zu, Orelan den Rücken zudrehend. «Was wollt Ihr nun tun?»

«Ich werde wohl nach Meilersgrund reiten und dort meine Mutter unterstützen. Es ist an der Zeit, die praiosgefällige Ordnung im Quartier wieder herzustellen. Dieser verfluchte Söldnerführer Reto Waisenmacher hat sich schon zu lange in unserem Anwesen breit gemacht.» antworte Orelan mit hörbar erzürnter Stimme.

«Gut gebrüllt, junger Löwe. Wenn Ihr meint. Und wenn Euch neben Eurer Pflicht dafür genügend Zeit bleibt.»

Orelan setzte ein fragendes Gesicht auf. «Ich verstehe nicht. Mit Beendigung meines Dienstes bei Euch …» Orelan stockte im Satz als er sah, wie der Markvogt mit dem zweiten Pergament winkte.

Barnhelm kehrte zurück an den Tisch. «Wessen Siegel erkennt Ihr auf dem Pergament?»

Orelan brauchte nicht lange zu überlegen. «Das der Königin von Gareth. Was hat es damit auf sich?» begehrte Orelan zu wissen.

«Na, na, na, sind wir neugierig. Mit diesem Pergament werdet Ihr zum Kronvogt von Königlich Mardershöh bestellt.»

Orelan entglitt ob dieser Meldung das Gesicht. Es brauchte einige Zeit, bis er sich wieder fassen konnte. «Ihr beliebt zu scherzen, kaiserliche Hoheit. Nein, das tut Ihr nicht.» korrigierte sich Orelan umgehend. «Über so ernsthafte Dinge macht Ihr keine Scherze.»

«Recht so. Dafür brauchte es bei der Königin einige Überredungskunst.» Barnhelm unterstrich diese Aussage mit einer ernsten Mine und wedelte mit dem Pergament in seiner Hand. «Das ich Euch doch klar, nicht wahr?»

Lange blickten sich die beiden Männer tief in die Augen, bevor Orelan wieder das Wort erhob. «Ich wusste nicht, dass ich bei Staatsrat Horbald von Schroeckh einen solch grossen Stein im Brett habe. Ich werde dies entsprechend zu würdigen wissen und mich beim ihm erkenntlich zeigen.»

Barnhelm quittierte die Aussage von Orelan mit dem leisen Anflug eines Lächelns. « So ist’s ein braver Junge. Scharfsinnig wie immer. Macht etwas draus. Diese Chance bekommt nicht jeder. Schon gar nicht ein landloser Ritter. So, und nun macht, dass Ihr rauskommt. Ich habe noch wichtige Geschäfte zu tätigen. Und Ihr müsst packen. Ich werde bei Eurem Wegzug nicht zugegen sein können. Also werden wir uns eine ganze Weile nicht mehr sehen.»

Barnhelm wandte sich zum gehen, legte aber noch seine Hand auf die rechte Schulter von Orelan und nickte ihm väterlich zu. «Mach’ mir keine Schande, Bub.»