Geschichten:Elmenbarths Lehre - Das Blut der Weisen

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Schlangengarten, Hesinde-Kloster St. Ancilla, Anfang Hesinde 1037 BF:

Wie jeden Morgen zur ersten Hesindestunde machte der Zuchtmeister des Klosters Ludiron Eichfeller seinen morgendlichen Spaziergang durch den Schlangengarten. So wie er es schon seit über 30 Götterläufen tat. Es war sehr frisch draußen und schwere Nebelschaden verfingen sich in den Bäumen und Sträuchern. Der sorgsam gepflegte Weg aus weißem Kies war seitlich mit Fackeln erleuchtet. Wie jeden Morgen passierte er die Novizenschar des Klosters bei ihren morgendlichen Ertüchtigungsübungen mit dem Kampfstab, denn, das war eines der Grundprinzipien des Klosters, nur in einem gesunden Körper kann ein gesunder Geist wohnen. So standen Leibesertüchtigungen genauso auf dem Lehrplan wie das gewissenhafte Lernen aus Büchern. Ludirons Aufgabe als Zuchtmeister war es, über die Einhaltung der Lehrpläne zu wachen.

Wie jeden Tag musterte er kritisch die Fähigkeiten der Novizen. Xeledane kämpfte wie immer etwas zu verbissen gegen die zu passive Selinde, während Halmar gegen die sauber ausgeführte Kampftechnik von Fenia kaum eine Chance hatte. Halmar, Ludiron konnte ihn nicht leiden, was wohl daran lag, dass er der Sohn des Priors war. Eben jener Prior, der Ludiron von seinem Posten verdrängt hatte. Dafür hasste er ihn, dagegen half auch nicht das gesetzte Gemüt eines alten Mannes wie er einer war.

Der Zuchtmeister wandte sich nun wieder den Novizen zu. Duridanya und Gebhilf kämpften auf Augenhöhe und hatten beide in den letzten Wochen erhebliche Fortschritte gemacht. Nicht nur was ihre körperlichen Fähigkeiten betraf, nein auch in der Lehrstube gehörten sie zu den Besten. Er würde die beiden im Auge behalten.

Als Ludirons Blick bei Simion Grimmbart hängen blieb, entspannten sich seine ansonsten so mürrisch dreinschauenden Gesichtszüge ein wenig. Der junge Lehrmeister für Leibesertüchtigung war die reinste Augenweide und den Göttinnen Rahja und Hesinde zum Wohlgefallen. Simion verkörperte für den Zuchtmeister den neuen Typ von Hesinde-Geweihten: körperbetont, agil, voller Tatendrang, mitreißend, wissbegierig, gelehrsam, diszipliniert. Kein Stubenhocker, der nur in seiner Studierkammer lebte, nein, sondern ein Diener Allwissenden der sein Wissen auch praktisch anwendete. Simion war das leuchtende Vorbild für die Novizen. Und er, Ludiron, hatte ihn erschaffen. Nein, er war nicht Simions Vater, aber er sorgte dafür, dass Simions Vater und Mutter im Namen Rahja zueinander fanden – nicht willentlich und mit Hilfe von Rauschkräutern. Ihr Blut sollte sich vereinigen und ja, es war erfolgreich. Das Blut der Weisen machte einen noch empfänglicher für Hesindes Gaben, da war sich der Zuchtmeister sicher.

Eine Gestalt, die aus dem Morgendunst auf den Zuchtmeister zu geschritten kam, riss ihn aus seinen Gedanken. Es war der Camerarius des Klosters Darilius Schlangentreu. Die beiden Geweihten begrüßten sich gewohnt knapp.

„Einige der Novizen scheinen recht vielversprechend zu sein.“ Darilius deutete mit seinem Blick in Richtung des dumpfen Klirren der Kampfstäbe.

„In der Tat, Sarella, Gebhilf, Duridanya, alle sehr vielversprechend. Besonders Sarella, sie ist bald soweit.“

„Das wird unseren weisen Vater freuen.“

Der Zuchtmeister nickte dem Camerarius knapp zu. „Die Weissenborner werden versuchen sie auf ihre Seite zu bringen, aber wir werden sehen.“

„Ist der weise Vater denn immer noch so in Rage?“, wollte Darilius wissen.

„Der Angriff auf den Gelehrten und die Flucht des Kor-Geweihten hat ihn sehr verärgert. Er hatte Hartwalden die Verantwortung darüber übertragen, dass das problemlos abläuft. Der weise Vater braucht den Erfolg dieses Treffens.“

„Und Hartwalden hat versagt“, Darilius grinste breit.

„Ganz richtig, der Abt hätte den Kor-Geweihten zwar auch des Klosters verwiesen, allerdings nicht ohne Eid. Nun wird er seinem Herrn Bericht erstatten. Das wird alles auf Hartwalden zurückfallen.“ Der Zuchtmeister verspürte innerlich ein gewisse Genugtuung. „Ich frage mich nur wie der Kor-Geweihte so schnell unbemerkt verschwinden konnte.“

„Nun“, Darilius stockte kurz, „er hatte Hilfe … von mir.“

Kaum merklich und nur für einen kurzen Moment entspannten sich die Gesichtszüge des Zuchtmeisters wieder und man konnte ein gütiges Lächeln erahnen. Ein Lächeln, das einem Vater nur der Stolz auf seinen Sohn auf das Gesicht zauberte. Doch erstarrte dieses Lächeln gleich wieder, denn sein Gegenüber wusste nicht das er sein Vater war.




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Texte der Hauptreihe:
P10. Briefe
K83. Zweifel
10. Hes 1037 BF zur morgendlichen Firunstunde
Das Blut der Weisen
Xeledons Spott


Kapitel 54

Sumus Adern


Kapitel 1

Autor: Bega