Geschichten:Einer, um Haffax zu schlagen – Eine sehr harte Nuss für Haffax

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Reichsstadt Greifenfurt, Markgräfliche Residenz, Mitte Boron 1035 nach Bosparans Fall

Der Herbst war kurz gewesen in diesem Jahr und der erste Schnee war bereits Ende Travia gefallen. Reto von Schattenstein, der Heermeister der Mark hatte am Fenster gestanden und auf den Innenhof der Residenz geblickt, als die markgräfliche Kutsche nebst Eskorte eingefahren war. Er wusste, es würde nicht mehr lange dauern und die Greifin würde ihn zum Rapport einbestellen.

Er hatte seinen Auftrag gewissenhaft erledigt und alles genau erwogen. Vor ein paar Tagen hatte er die Entscheidung gefällt und war nun bereit, seinen Entschluss vorzutragen. Vor ihm lagen einige Dokumente. Viele waren schon älteren Datums, einige wenige waren erst in den letzten Tagen eingetroffen.

Eine wies das Siegel des Königreichs Kosch, ein anderes das Siegel Ludalfs von Wertlingens, des Verwesers der Wildermark, auf. Drei weitere waren eindeutig als Schriftstücke der Reichsarmee kenntlich gemacht und ein anderes wiederum entstammte der Reichsakademie zu Wehrheim. Alle diese Schreiben hatte Reto erst nach seinem Entschluss gelesen und letztlich hatten sie diesen sogar noch bekräftigt. Er nahm einen ledernen Umschlag und legte sämtliche Schreiben und Unterlagen hinein. Dazu kamen noch einige Bögen Papier, welche er selbst zusammengestellt hatte.

Sein Adjutant betrat den Raum. „Heermeister, Ihre Erlaucht ist gerade eingetroffen und auf dem Weg hierher!“

„Sie ist was? In Ihrem Zustand, das ist unverantwortlich!“ Kaum hatte er es ausgesprochen, als Reto das Zusammenschlagen von Stiefelabsätzen und gedämpfte Stimmen vor der schweren Eichentür vernahm. Die Tür öffnete sich und die Greifin in Ihrem Reisekleid trat hindurch, gefolgt von einem besorgt dreinblickenden Edelbrecht.

Der Heermeister und sein Adjutant sanken auf ein Knie und beugten die Häupter.

„Erhebt Euch meine Herren, erhebt Euch“, sprach die Greifin sanft und leicht nach Atem schnappend.

„Herrin, Ihr hättet nach mir rufen lassen sollen. In Eurem Zustand, äh… ich meine unter diesen Umständen“, wandte Reto schnell ein.

„Ach Reto, mein Lieber, nur keine Sorge, ich bin nicht krank, ich bin von Tsa gesegnet und fühle mich seit Tagen blendend. Doch wir kommen geradewegs vom Perricumer Markgrafen und haben ihn über die Absichten des Garetiers ins Bilde gesetzt. Auch er ist entsetzt über diesen Affront. Und deshalb würde ich jetzt gerne erfahren, welchen Märker ihr gegen Haffax ins Gefecht schicken wollt?“


Reto räusperte sich und wies seinen Adjutanten an, zwei Sessel herbeizuschaffen. Nachdem sich die Regenten gesetzt hatten, verließ der Fähnrich den Raum und schloss die Tür hinter sich.

Reto griff nach dem Papierstapel und stützte sich leicht auf den Kartentisch. „Euer Erlaucht, ich habe reiflich und lange überlegt. Zunächst habe ich mir ein Bild von Haffax gemacht. Wie er einst war, als kaiserlicher Marschall, unter dem auch ich gedient und den ich persönlich gekannt habe. Dann habe ich mir vorgestellt, was in den letzten Jahren aus ihm geworden ist. Ich habe mir die Berichte aller Operationen geben lassen, an denen er beteiligt war oder in denen er für den Spährenschänder selbst zum Schwerte griff. Dann suchte ich nach geeigneten Kandidaten und unterzog sie einer Prüfung unter verschiedenen Gesichtspunkten im Hinblick auf Haffax. Letztlich blieben drei Kandidaten übrig, aus denen ich Euch nun den Besten nennen kann. Er bietet bei Weitem die besten Aussichten. Ich kenne ihn seit Jahren und wage sogar zu behaupten, dass er mit Mut und einer ganzen Menge Fortune Haffax besiegen kann.“

Die Greifin hatte ob des langen Prologs begonnen, unruhig und gespannt mit den Fingern der linken Hand auf der Armlehne zu trommeln. Reto erkannte dies und sagte ohne weitere Umschweife: „Erlaucht, ich schlage Euch Urion von Reiffenberg, Euren Schildritter, vor.“

Nun war es heraus und Reto fühlte Erleichterung.


Die Greifin betrachtete ihren alten Schwertarm interessiert, während Edelbrecht augenscheinlich in Gedanken damit begonnen hatte, im Zimmer auf und ab zu gehen, den Kinnbart gedankenverloren streichend. Schließlich richteten sich die klaren, grünen Augen der Markgräfin mit voller Intensität auf Reto, während die Stimme ein leises: „Begründung?“ in den Raum sandte.

„Nun Erlaucht, von Reiffenberg besitzt alles, was es braucht, um mit unseren Truppen klar wider Haffax streiten zu können. Ihr sagtet ja, Ihr wollet einen, der zumindest die Aussicht dafür bietet, Haffax schlagen zu können. Nun, sowohl nach der Papierlage“, er wies auf die Schreiben, „als auch nach der praktischen Erfahrung komme ich zu dem Schluss, dass Urion diese Erwartungen durchaus erfüllt. Wenn er Marschall wird, dann wird Haffax eine sehr harte Nuss zu knacken haben.

Aber der Reihe nach. Von Reiffenberg ist Wehrheimabsolvent, der Beste seines Jahrgangs, und der beste Stratege und Taktiker in der Mark. Berücksichtigt man die massiven Verluste auch unter den Stabs-Offizieren in den Schlachten der letzten Jahren, dürfte er einer der letzten Wehrheimer sein, der verfügbar ist. Seine Fähigkeiten im taktischen und strategischen Denken, aber auch seine lagebezogene Flexibilität machen ihn für Haffax zu einem unberechenbaren Gegner.

In praktischer Hinsicht muss von Reiffenberg keinen Vergleich scheuen. Auch wenn Regimentskommandeure eines Schlages von Mühlingen mehr Schlachterfahrung haben, ist es halt meist nur die Erfahrung über den Einsatz ihres Regiments. Im Zusammenhang der verschiedenen Truppen denken die Wenigsten. Von Reiffenberg war zunächst in den Kämpfen zur Befreiung der Mark eingesetzt, sowohl in der Kavallerie als auch bei der Infanterie. Danach führte er die märkische Kavallerie vor Wehrheim. Ihr erinnert Euch, er war jener junge Rittmeister, der euch das Banner der Kaiserlich Greifenfurter Grenzreiter zurückbrachte. Nach seiner Genesung schickte ich ihn nach Gareth zu Eurem Vetter, Marschall Ludalf. Dort arbeitete er als Stabsoffizier und nahm als Führer der Kavallerie unter dem Banner Ludalfs an der Drei-Kaiser-Schlacht teil. In diesem Brief, den mir der Marschall damals sandte, berichtet der Prinz von Urions Taten und Fähigkeiten.

An die jüngste Schlacht werdet ihr Euch sicherlich noch erinnern. Von Reiffenberg führte mit mir die Truppen bei der Schlacht am Stein gegen Tilldan. Ihr wisst selbst, was von Reiffenberg am Vorabend dieser Schlacht geleistet hat. Da ich in Greifenfurt festgesessen habe und von Tilldan ausgeschaltet war, lastete die ganze Planung und Organisation auf seinen Schultern. Im Bewusstsein um die Unterlegenheit in der Schlacht hat von Reiffenberg mit den richtigen taktischen Maßnahmen den Sieg herbeigeführt. Und das mit einer Präzision, die, wie ich glaube, selbst Haffax ein anerkennendes Nicken abringen würde.

Eure Prinzliche Hoheit werden sich sicherlich noch an die gemeinsame Queste zur Befreiung Eures Bruders erinnern. Aber auch an anderen Aktionen hat von Reiffenberg mitgewirkt. Dazu gehört die verdeckte Gesandtschaft zum Reichskongress in Elenvina aber auch seine Zeit in Gareth.

Ich kenne von Reiffenberg, seit er als kleiner Fähnrich in einem meinem Banner gedient hat. Obwohl er über die klassische Offizierausbildung verfügt, hat er sich dem Schubladendenken nicht ergeben. Das Problem mit Haffax ist ja immer gewesen, dass er wusste, wie Leomar oder die Strategen der Reichsarmee gedacht haben. Urion ist, wie die Planung und Befehlsgebung zur Wacht am Finsterkamm beweist, flexibel und voller Ideen.“


Die Greifin war während der Lobeshymnen ihres Heerführers immer wieder mit den Gedanken abgeschweift und die angesprochenen Schlachten und Plänkeleien waren sichtbar vor ihrem inneren Auge vorbeigezogen. Mehr als einmal hatten ihr Tränen in den Augen gestanden über die herben Verluste, die die Mark in den Jahren ihrer Regierung schon hatte erleben müssen. So dauerte es eine geraume Weile, bis Irmenella von Wertlingen den alten Kämpen wieder ins Auge fasste und zur Erwiderung ansetzte.

„Eigentlich hatte ich gehofft, von Reiffenberg als Euren Nachfolger in der Mark einsetzen zu können. Ich möchte Euch endlich diese Bürde von den Schultern nehmen und Euch und den Euren den wohlverdienten Ruhestand zubilligen. Aber Ihr habt Recht und ich teile Eure Einschätzung. Wenn die Mark einen angemessenen Feldherren stellen kann, dann ist es Urion von Reiffenberg. So sei es denn. Lasst nach ihm schicken und wir werden ihn als unseren Kandidaten benennen. Wie ich den alten Fuchs aus Perricum einschätze, wird auch er einen Kandidaten aus dem Ärmel zaubern. Sei’s drum. Urion ist unsere Wahl und wir werden versuchen klar zu machen, dass die Chancen der vereinigten Streitkräfte mit diesem Heermeister gleichsam erheblich steigen.“

GG&P-Con 2012 Garetien-, Greifenfurt- und Perricum-Con 2012


Dieser Artikel verweist auf die Handlung des GG&P-Cons 2012.