Geschichten:Ein neuer Reichsvogt – Ein Zeichen für die Ewigkeit

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Schloss Gerbaldsaue, Sitz des Hofes der Gerbaldsmärker Burggrafen, Anfang Praios 1041 BF:

„Ich möchte Eure Zeit nicht länger als nötig in Anspruch nehmen, habt Dankt!“ Mit diesen Worten erhob sich Timshal von Palmyr-Donas und verließ schnellen Schrittes das Arbeitszimmer des Seneschalls. Salerian von Feenwasser wollte noch aufspringen und den herrschaftlichen Kammerherr zur Tür zu geleiten, doch stieß er dabei umständlich einen der vielen Stapel Pergamente um, die die sich auf seinem übervollen Schreibtisch befanden und nun großflächig auf den Zimmerboden verteilten.

„Hat Euch der Kammerherr so aus der Fassung gebracht?“, witzelte Romelio von Agur schmunzelnd, während er sich auf den Boden kniete um die einzelnen Blätter wieder aufzusammeln.

„Sei nicht albern“, Salerian straffte sich, „wie kommst du auf so was?“

„Wie Ihr meint, doch Eure Blicke sind mir nicht entgangen.“ Romelio zwinkerte dem Seneschall zu. „Aber was findet ihr gerade an dem? Der ist doch so … nichtssagend und gewöhnlich.“

„Ja ja, deine jugendliche Überheblichkeit wird man dir hoffentlich noch austreiben.“ Salerian war dem jungen Sekretär des Reichsvogts einen tadelnden Blick zu und fuhr dann fast schon schwärmerisch fort, war er doch froh endlich jemanden sein Herz auszuschütten. „Es sind seine unergründlichen Augen, die haben etwas magisches … ich kann es kaum in Worte fassen. Er mag kein Mann der vielen Worte sein und sich lieber im Hintergrund halten, doch irgendwie berührt er mein Herz, meine Seele.“

„Dann trefft Euch doch mit ihm mal auf einen Karaffe Wein, nur so könnt Ihr es herausfinden wie er zu Euch steht.“ Romelio zuckte mit den Schultern. Er verstand den Seneschall sehr gut, denn auch er hatte kürzlich eine Bekanntschaft gemacht, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging.

„Ich kann ihn ja nicht einfach so … ich meine … das geht doch nicht.“

Während die beiden Männer die letzten herumfliegenden Papiere wieder eingesammelt hatten, erschien Irisa im Türrahmen. Die Pagin war in Begleitung einer jungen Frau.

„Die Dame wünscht den Reichsvogt zu sprechen.“ Das junge Mädchen überreichte den Seneschall ein kleines Stück Pergament, das dieser kurz überflog.

„Hab Dank Irisa, du kannst gehen!“ und mit Blick auf die junge Frau, „Der Reichsvogt ist noch in Beilunk … wobei, nein, er dürfte mittlerweile schon in Perricum sein. Wie dem auch sei, er ist nicht hier.“

„Na, dann werde ich nur zu gerne mit Euch Vorlieb nehmen.“ Der Augenaufschlag der jungen und gutaussehenden Frau hätte wohl jeden Mann dahinschmelzen lassen – nicht aber den Seneschall.

„Das müsst Ihr wohl“, antwortete er trocken und machte ein wenig erbauliches Gesicht. Viel lieber hätte er mit Romelio weiter über den Kammerherren fabuliert. „Was kann ich für Euch tun?“

„Der Reichsvogt war, wie viele andere große Männer und Frauen von Stand, Zeuge der geschichtsträchtigen Ereignisse im Tempel der gerechten Herrschaft: Die epochal zu nennende Wachablösung des Wächters von Korgond. Unsere Kinder und Kindeskinder werden dieses Ereignis besingen und die Teilnehmer werden als Helden in aller Munde sein. Unsere Königin höchstselbst hat in ihrer Weisheit den neuen Hüter, Hadrumir von Schwingenfels, auf die Tafel der Helden des Königreichs erhoben. Doch der Tempel der großgaretischen Lande ist nun wieder verhüllt. Wo sollen wir, unsere Kinder und deren Kinder seiner gedenken?“

„Das, verehrte Dame, ist einer gute Frage.“ Der Seneschall kratzte sich nachdenklich an der linken Schläfe.

„Hier!“

„Wie, hier?“, der Senschall blickte verdutzt zu Romelio, der nur mit seinen Schultern zuckte.

„Hier in der Gerbaldsmark hat sich das Land den Menschen offenbart und den Weg nach Korgond gewiesen. Hier hat sich das Land gegen die Unwesen des Reichsverräters erhoben. Hier hat der großgaretische Adel heldenhaft gefochten und das schon so viel Male.“ Die Stimme der jungen Frau bebte regelrecht vor Leidenschaft und Pathos. „Wo, wenn nicht hier sollte eine Stätte des Gedenkens entstehen?“

Salerian atmete tief aus. „Wohl gesprochen, das gebe ich unumwunden zu. Doch, wie stellt Ihr Euch diese Gedenkstätte vor?“

„Ich wusste Ihr würdet das fragen“, mit einem wissenden Lächeln fischte sie galant einen ledernen Umschlag aus ihrer Tasche, öffnete ihn und breitete einen skizzenhaften Bauplan auf dem Schreibtisch des Seneschalls aus. Bei dem Unterfangen musste wieder ein Stapel Pergamente dran glauben, die nun aufs neue langsam zu Boden segelten. Romelio machte sich sogleich daran, sie wieder einzusammeln.

„Ihr seid … gut vorbereitet.“ Der Seneschall studierte interessiert die vor ihm liegenden Baupläne. Ein achteckiger Grundriss, acht kleine Türmchen an den Außenwenden, dazu sollte das Gebäude von einem achtseitigen Dach gekrönt werden. Die Maße ließen auf einen nicht allzu großes, aber dennoch mit edelsten Baumaterialien geplantes Gebäude schließen. Eine Frage blieb noch vollkommen offen:

„Wer soll das ganze eigentlich bezahlen?“

„Ich habe namhafte Gönner für dieses Unterfangen gewinnen können“, die junge Frau lächelte vielsagend, „Die Kosten für den Bau sind somit schon gedeckt, es fehlt nur noch der Baugrund und das Interieur.“

„Namhafte Gönner sagtet Ihr?“, hackte der Seneschall interessiert nach, „Um wen handelt es sich denn?“

„Verehrter Seneschall“, sie versuchte es wieder mit ihrem verführerischsten Augenaufschlag, obwohl ihr sogleich bewusste wurde, das ihr Gegenüber dafür nicht empfänglich schien, „Bescheidenheit ist, wie Ihr wisst, eine großgaretische Tugend. Die Unterstützer dieser hehren Sache frönen nicht der Prahlerei des einfachen Pöbels. Aber ich kann Euch versichern, sie haben alle einen reinen Leumund und sind wohlbekannt.“ In Wahrheit wusste sie selbst nicht, wer die hohen Herrschaften waren, denn war auch sie nur eine Spielfigur. Ein Umstand, den sie zu überspielen pflegte.

„Nun gut“, der Seneschall wirkte etwas ungehalten, „Wie stellen sich Eure Gönner den das Interieur vor?

„Im Zentrum des Gebäudes soll eine überlebensgroße Statue des neuen Wächters empor ragen. Mit beiden Händen umfasst er sein Schwert und auf dem Sockel wird geschrieben stehen 'Aus Schwingenfels wird Schwingenrauschen – meine Wacht beginnt'.“ Die Augen der jungen Frau begannen zu funkeln.

„Jetzt verstehe ich Eure Beweggründe“, der Seneschall fixierte sein Gegenüber mit festem Blick, „Ihr wollt vielmehr Eurer Familie ein Denkmal setzen, Domna Schwingenfels.“ Salerian schaute triumphierend zu Romelio.

„Was erlaubt Ihr Euch“, Lutisana von Schwingenfels Stimme bebte und sie wirkte ernsthaft entrüstet, „Ich bin eine ehrbare Ritterin der großgaretischen Lande. Es ist meine heilige Pflicht das heldenhafte Andenken meines Anverwandten in Ehren zu halten, so wie es die Pflicht aller großgaretischen Ritter ist, Korgond immer im Herzen zu tragen und seiner zu gedenken.“

„Verzeiht, ich wollte Euch nicht beleidigen.“ Um Ablenkung bemüht, betrachtete der Seneschall nun wieder die vor ihm liegenden Skizzen. „Wie stellt Ihr Euch denn die Innenseiten der Außenwand vor?“

Der Geschichtsausdruck der Hartsteenerin erhellte sich wieder merklich. „Jede der acht Wände soll einer der großgaretischen Rittertugenden gewidmet werden. Besonders hervorgehoben werden soll die Tugend der Großzügigkeit, in Angedenken an die generösen Spenden für die Ostmarken.“ Lutisana kam richtig ins schwärmen. „Ich sehe das Relief schon deutlich vor mir, die großen Acht übergeben den drei Markgrafen die großgaretischen Gaben. Ich bin mir sicher, dem Aimar-Gor würde das gefallen.“

Der Senschall nickte zustimmend. „Und welchen Zweck haben die acht Türmchen?“

„Die wurden auf Wunsch einzelner Gönner den Plänen hinzugefügt, ich denke sie dienen vor allem dekorative Momente.“ Die Schwingenfels wusste auch hierzu nichts genaues, also wich sie aus. „An den Ecken der Innenseite sind übermannsgroße Ritterabbilder vorgesehen. Die sollen die acht Schwertträger symbolisieren, Ihr versteht?“

Wieder nickte der Seneschall. „Ich werde dem Reichsvogt Eurer Anliegen unterbreiten, doch bin ich mir sicher, dass er für dieses hehre Vorhaben ein offenes Ohr und eine offene Geldkatze haben wird.“

„Da bin ich mir sicher!“ Die junge Frau wirkte zufrieden.

„Eine Frage noch, welchen Namen soll diese Gedenkstätte tragen?“

Tempel des unteilbaren Landes zu Ehren der mildtätig Gebenden.“ Mit diesen Wort erhob sich die Schwingenfels und ließ den Seneschall mit seinen Gedanken alleine.



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Texte der Hauptreihe:
3. Pra 1041 BF
Ein Zeichen für die Ewigkeit
Verbannt


Kapitel 3

Autor: Bega