Geschichten:Ein besorgter Sohn...

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Mit Unverständnis, ja blankem Entsetzen hatte Alderan von Zillingen wie die meisten Anderen im Grafenpalast auf den Kuhhandel des Stadtrates mit dem Blutsäufer Haffax reagiert. 'Was für eine Schande, die Stadt kampflos diesem Erzverräter zu überlassen!', ging es dem Ritter durch den Kopf, 'als ob sich der Kerl damit zufriedengäbe!'
Für Alderan war es ausgemacht, dass dieser schändliche Friedensschluss nicht von Dauer sein würde. Und tatsächlich, kaum dass sich die Ermordung des Schwerts der Schwerter durch Haffax selbst in der Stadt wie ein Lauffeuer verbreitet hatte, brachen auch schon die ersten Kämpfe aus, begleitet von den wildesten Gerüchten. So hieß es in den Abendstunden etwa, dass die in Perricum stehenden Banner des Elite- und des Bombardenregiments geschlossen zum Feinde übergelaufen seien und für diesen die Kontrolle über den Kriegshafen übernommen hätten. Das einzelne ehrlose Elemente übergelaufen seien, mochte für Alderan ja noch hinkommen. Aber ein mehr oder weniger kompletter Verrat, einschließlich der Offiziere? Was für ein hanebüchener Unsinn! Sein Vater Bendan hätte so etwas wohl kaum hingenommen. Fakt blieb aber dennoch, dass nirgendwo während der zunehmenden Kämpfe in Perricum markgräfliche Soldaten zu sehen gewesen waren. Was ging im Kriegshafen nur vor? Worauf warteten die Soldaten bloß?
In der Nacht zum ersten der Namenlosen Tage hielt es der markgräfliche Hausritter nicht mehr aus. Zuvor mit anderen Bewaffneten zur Sicherung des Palastes eingeteilt und damit bisher weitgehend zur Untätigkeit verdammt, bat er seinen Vorgesetzten ein ums andere Mal mit zunehmender Verzweiflung darum, sich im Schutze der Dunkelheit zum Kriegshafen durchschlagen und erkunden zu dürfen, was dort vor sich ging. Irgendwann war der Hauptmann der Palastwache die ständigen Gesuche seines Untergebenen leid und genehmigte seinen Erkundungsgang, verbunden mit dem Befehl, sofern möglich und zwischenzeitlich noch nicht geschehen, die Soldaten im Kriegshafen aufzufordern, sich dem Kampf gegen Haffax´ Horden umgehend anzuschließen.
In der von ersten Bränden geradezu gespenstisch hell erleuchteten Stadt machte sich der erleichterte Ritter auf den Weg, stets darauf bedacht, größeren Gruppen aus dem Weg zu gehen. Wer vermochte in der Dunkelheit auch schon zu sagen, wer dort für oder gegen wen focht?
Nur einmal traf er auf zwei Bewaffnete in Diensten des Feindes, doch hatte er mit ihnen leichtes Spiel, da sie gerade dabei waren, die Leiche eines offensichtlich gerade erst erschlagenen Patriziers zu plündern. Die Gunst des Augenblicks nutzend erschlug Alderan die beiden hinterrücks. Keine besonders ehrenhafte Tat, wie dem Ritter kurz durch den Kopf ging, aber wer sich für die Feinde der zwölfgöttlichen Ordnung verdingte, hatte jedes Recht auf eine ehrenvolle Behandlung verwirkt.

Schließlich erreichte er das Tor zum Kriegshafen, vor dem sechs Soldaten des Eliteregiments - dem Verband seines Vaters - Wache hielten. Worauf warteten die bloß? So blind und taub konnte man doch gar nicht sein, um das zunehmende Chaos um sie herum nicht wahrzunehmen!
Egal, grübeln half hier nicht weiter, zumal dazu auch die Zeit fehlte, wie Alderan rasch erkannte. Offen ging er auf die Soldaten zu, die sofort in Verteidigungshaltung gingen.
"Halt, keinen Schritt weiter, Kerl! Der Kriegshafen ist gesperrt, also mach Dich vom Acker, aber zack, zack!", rief ihm einer der Bewaffneten barsch zu.
Der RItter blieb stehen und erwiderte: "Ich bin Alderan von Zillingen, der Sohn eures Kommandeurs. Ich muss unbedingt meinen Vater sprechen!" Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: "Und worauf wartet ihr hier eigentlich? Sehr ihr nicht, was in der Stadt vor sich geht?"
Der Wachhabende, ein Korporal, der Alderan bekannt vorkam, trat mit einer Fackel in der Hand auf ihn zu. "Ah, jetzt erkenne ich euch. Öffnet das Tor, er ist tatsächlich der Sohn des Obersts! Ich werde euch umgehend zu ihm geleiten. Folgt mir bitte. Ach ja, zu eurer Frage: Wir haben ausdrücklichen Befehl, den Kriegshafen gegen mögliche feindliche Angriffe zu sichern. Alles Weitere besprecht ihr am besten mit eurem Vater, dem Oberst."
Schweigend folgte Alderan dem Korporal an verschiedenen Baracken und Magazinen zum Stabsgebäude des Eliteregiments. So oft war er in den vergangenen Götterläufen diesen Weg gegangen, um seinen Vater zu besuchen, aber nie war ihm dabei das Herz so schwer gewesen wie dieses Mal.
Am Arbeitszimmer des Kommandeurs angekommen, bedeutete der Soldat dem Ritter kurz zu warten, während er selbst nach kurzem Klopfen die Tür zum Zimmer öffnete. "Verzeiht die Störung, Hochgeboren, aber euer Sohn möchte euch sprechen."



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30. Rah 1039 BF zur nächtlichen Ingerimmstunde
Ein besorgter Sohn ...


Kapitel 1

... und ein ebenso besorgter Vater
Autor: Wallbrord