Geschichten:Dreihügler Muttertag - Vom Brande

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Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Durch die unerwartet ruhige Antwort der alten Frau verrauchte auch Gramhilds Zorn sehr schnell. Einige Lidschläge überlegte sie, doch war ihre Erwiderung bereits beherrscht und wohl überlegt. „Doch Mutter, das hat es. Ich würde in einem Jahr der Entbehrungen keine großen Feierlichkeiten ausrichten wollen, ohne eine angemessene Speisung meiner Vasallen sichergestellt zu haben. Ich mag ihnen die Obrigkeit sein, die auch Strafen im Namen des Barons zu verhängen hat. Doch verlangt auch meine Lehenspflicht, ihnen in der Not mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und Vorbild zu sein. Dies gebietet auch meine Demut vor Praios.

Diese Menschen hier in Dreihügeln schenken mir zumindest für Greifenfurter schon nach kurzer Zeit Loyalität und Respekt, weil ich mir ihre Sorgen anhöre, ihnen versuche hilfreich zur Seite zu stehen und zumindest ihrer Meinung nach gerechte Urteile fälle, wenn mir Streitigkeiten vorgetragen werden. In ihren Augen habe ich also diesen Respekt verdient. Doch ich kann ihn nicht verlangen, ich bekomme ihn geschenkt durch das, was ich für sie darstelle: eine vor Praios, Peraine und Travia strenge, aber umsichtige Herrin. Mit keinem von ihnen habe ich mich verbrüdert, wie Ihr es nennt, noch habe ich dies vor.“

Yadviga nickte hierauf lediglich. „Mehr darf man nicht erwarten. Aber auch nicht weniger. Du kannst eine gerechte und strenge Herrin sein, aber du bleibst Herrin, egal was geschieht. Das ist die praiosgefällige Ordnung. Und wenn die Ernte schlecht ist oder Streit ausbricht, werden sie deinen Rat um so größer schätzen, je klarer die Ordnung gewahrt und die Sphäre des Herrn von der Sphäre des Knechtes geschieden ist.“ Und insgesamt machte sie einen durchaus zufriedenen Eindruck.

Dem wusste Gramhild nichts hinzuzufügen, also saß sie ein Weilchen da, sinnierte über die heute aufgeworfenen Themen und nickte schließlich ebenfalls. „Möchtet Ihr noch einen Brand, Mutter? Sonst stelle ich ihn in meinen Schrank zurück.“ Die Tonflasche in der Hand stand die Junkerin auf und bot der Älteren das noch geöffnete Gefäß dar. Sich selbst goss sie keinen weiteren Schluck mehr ein, wollte sie doch am Abend noch über ein paar Dinge nachdenken. „Wie geht es eigentlich Eurer Tochter Edelgunda und ihren Kindern? Ich hoffe, sie sind alle wohlauf?“

Dass sie damit auch indirekt einen anderen wunden Punkt ihrer Mutter ansprach, wurde ihr erst zu spät bewusst. Immerhin hatte die Enkelin Sigane sich ebenfalls einen Bauersjungen als Bräutigam ausgesucht, auch wenn der statt eines Kriegerbriefes den Ritterschlag von Prinz Edelbrecht erhalten hatte. So war er aber doch aus der Akademie verwiesen worden, wenn sie sich recht entsann. Wie hieß der Junge noch gleich? Ahngrimm, oder so ähnlich?

Yadvigas Blick war umschleiert, doch war ihr nicht entgangen, dass Gramhild ihre Frage ohne Gedanken an die Umstände gestellt hatte. Der prüfende Blick wich tiefer Traurigkeit, während sie sich den Brand mit aufmunternder Geste auffüllen ließ. „Die Familie wächst und gedeiht. Ich hoffe darauf, noch ein paar weitere Enkelchen auf meinen Knien schaukeln zu können, bevor Golgari bei mir anklopft. Bis dahin scheint es an mir, die Traditionen aufrecht zu halten.“ Kurz verharrte sie, dann straffte sie sich. „Doch genug der altersgreisen Worte. Lass die Flasche ruhig bei mir stehen. Ist ein anständiges Tröpfchen und kaum etwas vermag eine alte Frau wie mich besser von innen zu wärmen. Wenn du noch ein paar Fläschchen übrig hast, tausche ich es gern gegen Schlehenbrand. War ganz gelungen im letzten Jahr, das Zeug. Und wenn du noch von deinen Hunden zwei übrig hast… Alrik vom Waldhof hat den seinen übern Winter verloren. Braucht zwar nur nen besseren Wachhund für die Schafe, aber die deinen werdens wohl tun. Und vielleicht bringt mich ein Welpe auch noch mal auf Trab. Lange her, seit mein eigener die Grätsche gemacht hat, Boron hab ihn selig. Könnte mal wieder auf Fasanenjagd gehen, da wär es nett, sich nicht nen Finsterkammer Wolfsjäger ausleihen zu müssen…“

Gramhild stellte erstaunt fest, dass ihre Ziehmutter ihr gerade so ganz nebenbei zwei der größten Komplimente gemacht hatte, zu denen sie fähig war. Ihr Schlehengeist war legendär und wurde im Finsterkamm wenn nicht mit Gold, so doch mit Silber aufgewogen. Und wenn sie durchblicken ließ, dass sie selber einen der Hunde übernehmen würde, bei der ihr eigenen Neigung, im Zweifel nur das Beste für den eigenen Hof zu dulden, war auch das eine Anerkennung so groß, dass die Alte sie niemals offen ausgesprochen hätte.



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11. Per 1035 BF
Vom Brande
Vom Stande


Kapitel 13

Autor: Wertlingen und Gramhild