Geschichten:Die Hölle zu Waldstein - Wie der Pfalzgraf sich als Hexe verkleidet hat und an den Söldnern vorbei kam

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Eine Waldszene unweit der Burg Silberzahn. Dunkler tiefer Wald im Hintergrund, ab und zu schnüffelt eine Wildsau durch das Bild.

Es spielen mit:
Der Pfalzgraf
Zwei finstere Söldlinge
Eine Hexe und ihr Rabe
Ein weiterer finsterer Söldling
Ein Kind

Von links tritt der Pfalzgraf auf. Er hat edle, aber zerschlissene Kleider an. Guckt mürrisch. Schaut sich immer wieder vorsichtig um, bewegt sich langsam und vorsichtig.

PFALZGRAF: Hi-Ha-Hartsteen, Hi-Ha-Hartsteen, hör ich da etwa irgendwen?

Versteckt sich hinter einem Baum. Von rechts treten zwei finstere Söldlinge auf. Beide tragen schwarz-rote Wappenröcke und sehen auch sonst sehr furchterregend aus. Lehnen sich gegen einen Baum und holen eine kleine silberne Flasche raus.

ALRIK: Hier, Balrik, nimm Dir auch einen Schluck. Ein guter Tropfen Höllenwaller Niffelgeist vertreibt Kummer und Sorgen, belebt die müden Glieder und hat einen feinen herben Geschmack. Koste gleich den guten Trunk, oder erwerbe ihn käuflich in einer Taverne mit einem roten Hundekopf im Hausschild.

BALRIK: Oh ja, Alrik, so etwas Gutes bekommen nicht einmal die Hunde des Barons vorgesetzt. Und er hat seine Höllenhunde sehr gern, denn sie sind die feinsten Spürhunde im ganzen Königreich. Jeder Söldner sollte einen reinrassigen Helburger Bluthund als treuen Gefährten zur Seite haben.

Sie trinken und rülpsen.

PFALZGRAF (leise hinter einem Baum): Oh weh, da wird das wunderschöne Waldstein mit diesen schäbigen Waren aus dem Raschtullswall überschwemmt. Das ist nicht gut für die heimische Wirtschaft.

Die Söldner ziehen ein Proviantpaket hervor und beginnen zu essen.

BALRIK: Ziemlich maue Gegend hier, was Alrik? Keine Berge, nur dieser schreckliche Wald, bei dem man immer das Gefühl hat, als würde er einen beobachten.

ALRIK: Ja, ich verstehe auch nicht, was dem feinen Herrn Baron daran liegt, uns hier zu stationieren. Gewiss, er hat Streit mit dem Pfalzgrafen von Sertis und hat uns den Auftrag gegeben, hier keine Leute herein oder heraus zu lassen. Erst recht nicht den gemeinen Pfalzgrafen!

BALRIK: Genau! So wie mit den netten Soldaten der Löwengarde neulich, als sie dem Pfalzgrafen so eine große Truhe bringen wollten. Ich hatte ja Sorge, als der Hauptmann den Trupp aufgehalten hat. Die hätten uns ja für Raubritter oder noch Schlimmere halten können. Aber ganz ruhig ist er geblieben, der Hauptmann, und hat der Obristin Hidda von Sterz genau erklärt, warum die neue Junkerin, die ja die Schwester vom feinen Herrn Baron von Höllenwall ist, leider den Weg nicht frei geben kann. Müssen sie leider den Weg durch den Wald von Hoxforst nehmen, hat der Hauptmann gesagt. Da hat die Obristin ihm einen Vogel gezeigt, sich kurz mit ihren Leuten beraten und ist dann den Weg wieder zurück, den sie gekommen sind.

Die Söldlinge lachen laut und dröhnend. Der Pfalzgraf verzieht verärgert das Gesicht und schüttelt hinter dem Baum die geballte Faust. Sagt aber nichts und verhält sich still. Die Söldlinge werfen ihre Abfälle in den Wald und gehen nach rechts ab. Der Pfalzgraf kommt hinter dem Baum hervor.

PFALZGRAF: Dieses elende Gesindel! Diese gemeinen Hunde! Ach, wenn die Welt gerecht wäre, dann würde der Baron von Höllenwall in seiner königlichen Kerkerfestung verrotten mit dem ganzen anderen Gesindel dort. Huch, da kommt ja wieder jemand.

Der Pfalzgraf versteckt sich wieder hinter dem Baum. Eine alte Frau tritt von rechts auf. Sie ist alt und bucklig, hat einen Besen in der Hand und einen schwarzen Raben auf der Schulter sitzen.

HEXE: Jajaja, so nette Jungens sind das da hinten. Wollten nur kurz in mein Körbelein hineinlinsen und haben mich gefragt, was sie gegen ihre Warzen machen können. Hihihi.

RABE: Kräh!

HEXE: Achachach, der Weg ist ja so lang. Und seitdem der Pfalzgraf so viele von meinen Schwestern auf dem Scheiterhaufen verbrannt hat, kann man sich kaum mehr offen auf die Straße trauen. Ist schon gefährlich für die Kinder der Herrin der Pflanzen sich offen zu bekennen. Hihihi.

RABE: Kräh!

Als die alte Frau den Baum erreicht hat, hinter dem der Pfalzgraf sich versteckt hat, springt dieser hervor.

PFALZGRAF: Halte ein, du alte Vettel!

HEXE: Owehowehoweh, wer will mich denn hier aufhalten? Bin ich in die Hände eines Räubers geraten? Hihihi.

RABE: Kräh!

PFALZGRAF: Oh nein, du warzige Oma. Ich bin Pfalzgraf Hilbert von Hartsteen zu Sertis. Ich bin der Herr dieser Lande und Straßen. Bleibe stehen und ergebe dich!

HEXE: Ohohoh, der Pfalzgraf hat mich erwischt! Ich flehe Euch an, Eure Allerhöchstwohlstgeborenste Herrschaft, verschonet mich alte kranke Frau. Ich habe hier in der linken Hand die Gicht, hier in dem rechten Knie Arthrose und hier hinten am Hintern juckt es immer so furchtbar, als ob der Namenlose mir einen Klaps gegeben hätt‘. Hihihi.

RABE: Kräh!

PFALZGRAF: Auf den brennenden Scheiterhaufen sollte ich dich werfen lassen, du runzliges Wurzelweib. So wie ich es mit der Alten Yolinde im letzten Tsamond gemacht habe. Seitdem hat das Hexenwerk in der Pfalzgrafschaft um 39% abgenommen und die Praiosgläubigkeit um 26% zugenommen. Bereite dich darauf vor, in den reinigenden Flammen elendig und qualvoll zu sterben!

HEXE: Uiuiui, habt doch Erbarmen, Herr Pfalzgraf. Will Euch auch helfen an den Söldlingen vorbei zu kommen, denn die lassen Euch ja nicht heraus aus dem waldigen Sertis. Hihihi.

RABE: Kräh!

PFAlZGRAF: Mich dünkt du hast einen Plan. Nur schnell heraus damit und keine falschen Zaubertricks, du verfluchtes Hexenweib! Wenn du aber wirklich einen brauchbaren Plan haben solltest, dann werde ich noch ein Mal ein Auge zudrücken und den Herrn Praios einen gerechten Mann sein lassen.

HEXE: Eieiei, so hört mir zu! Ich bin nur eine alte und harmlose Frau, die in den Wäldern ihrem kargen Leben nachgeht und niemanden einen Schaden wünscht. Das haben auch die Söldlinge dort hinten so gesehen und haben nur in meinen Kräuterkorb geschaut und mich gefragt, was gegen ihre juckenden Warzen hilft. Hihihi.

RABE: Kräh!

PFALZGRAF: Und weiter? Wie soll mir das helfen, du buckliges Nachtgespenst? Muss ich dich auf den Scheiterhaufen werfen lassen?

HEXE: Huhuhu, lasst mich doch weiter aussprechen, Eure allergrößte Herrschaftlichkeit. Wenn sie mich alte und kranke Frau nicht aufhalten, dann werden sie es doch bei Euch auch nicht tun, wenn Ihr Euch als alte Kräuterfrau verkleidet. Hihihi.

RABE: Kräh!

PFALZGRAF: Mhhh. Du magst da tatsächlich eine Idee haben, du verdorrte Kuh. Mhhh. Aber wie werden mich die Söldner für eine alte und kranke Kräuterfrau halten, wenn ich nicht wie eine aussehe? Ah! Ich hab’s! So, Alte, zieh dich aus und gib mir deine Kleider!

HEXE: Nanana, so forsch ist aber lange niemand mehr zu mir gewesen. Aber nackig kann ich doch nicht durch die Wälder ziehen, s’ist kalt und der Wind rüttelt an den dürren Zweigen und Ästen. Ihr aber, Eure höchstallergütigste Wohlstgeborenheit, könnt doch mit Euren Kleidern eh nichts anfangen, denn die Söldlinge werden ja in Euren Korb schauen, um zu sehen, ob Ihr ein Heilmittel gegen ihren Ausschlag habt. Gebt mir doch Eure Kleider, dann überlasse ich Euch, was ich besitze. Hihihi.

RABE: Bäh!

Beide ziehen sich aus und tauschen ihre Kleider. Der Pfalzgraf hat die dreckige Kutte der Kräuterfrau übergeworfen, während diese in Edlenkleidung auf der Straße steht. Die Hexe geht kichernd nach links ab. Der Pfalzgraf geht weiter nach rechts und erreicht eine Barrikade auf dem Weg, an der sich die beiden Söldlinge aufhalten und Karten spielen.

ALRIK: Halt!

BALRIK: Halt!

PFALZGRAF (mit verstellter Stimme): Oh jemine. Ich bin doch nur ein unschuldiges altes Weib, das im Wald nach Kräutern und Wurzeln sucht. Nun bin ich auf dem Weg zurück nach Linara, um dort der Elfenhexe ein paar Kräutelein zu verkaufen.

ALRIK: Ach so. Ja, dann ist es was anderes.

BALRIK: Aber wir müssen in deinen Korb schauen, gute Frau. Das ist der Auftrag von unserem feinen Herrn Baron und seiner Schwester, der Junkerin.

PFALZGRAF (mit verstellter Stimme): Das ist kein Problem, ich habe nichts zu verstecken! Ich bin eine harmlose und unscheinbare alte Frau, die niemanden etwas zu leide tun mag.

Die Söldner schauen in den Kräuterkorb, den ihnen der Pfalzgraf hinhält.

ALRIK: Du, Balrik, was ist denn das dort für ein Blatt? Meinst du, es hilft gegen das schreckliche Jucken meiner Warze?

BALRIK: Ich weiß nicht, Alrik, lass uns die nette Frau doch mal fragen. (Zum Pfalzgrafen gewendet) Gute Frau, kannst du uns vielleicht sagen, was dies hier für ein Kraut ist?

PFALZGRAF (leise zu sich selbst): Orksch. Woher soll ich das wissen? Bin ich etwa eine Waldläuferin aus dem Schlund? (Mit verstellter Stimme zu den Söldnern) Oh, das muss ein Stengel Donf sein.

ALRIK: Donf? Der sieht doch ganz anders aus. Meine Base aus Niffelheim hatte mal ganz dolle Fieber, da hat ein Medicus ihr Donf gegeben. Das sah aber anders aus.

PFALZGRAF (mit verstellter Stimme): Oh. Dann wird das Kelmon sein.

BALRIK: Kelmon? Das glaube ich nicht. Mein Schwager war mal als Söldner in Mengbilla und ist dort in einer Kneipe namens „Disdychonda“ abgestiegen. Das ist so eine Liane aus dem Urwald, aus der man ein Gift braut, das Kelmon genannt wird.

PFALZGRAF (leise zu sich selbst): Oh je. Ich wusste nicht, dass wir hier ein Ratespiel machen würden. Ach, wenn doch ein Publikum hier wäre, das man nach Rat fragen könnte. (Mit verstellter Stimme zu den Söldnern) Dann ist es eindeutig ein Bündel mit Blättern des Nothilf.

ALRIK: Nothilf? Hör mal, alte Frau. Mir scheint es fast, als ob du von Kräutern keinen blassen Schimmer hast. Nothilf ist ein hervorragendes Mittel bei Brandwunden und zudem lässt sich ein Gegenmittel gegen das Tulmadron daraus brauen. Das weiss je jedes Kind in Aventurien, und eine echte Kräuterhexe müsste das auch wissen.

BALRIK: Ja, genau! Mir scheint fast, du bist gar keine Kräuterhexe. Ein vertrautes Tier sehe ich bei dir ebenfalls nicht, höchstens diese Zecke dort, die dir im Pelz sitzt.

PFALZGRAF (mit verstellter und schriller Stimme): Kommt mir nicht zu nahe! Ich verfluche euch sonst, dass euch hören und sehen vergehen!

ALRIK: Laut Codex Albyricus ist die Ausübung von Schadensmagie durch magisch begabte Personen, die keiner Gilde angehören, ein Kapitalverbrechen, welches üblicherweise mit dem Feuertod auf dem Scheiterhaufen bestraft wird.

BALRIK: Keine Bewegung! Wir nehmen dich jetzt in Gewahrsam und übergeben dich der Gerichtsbarkeit der Baronin von Linara, die seit dem Inkrafttreten der Ochsenbluter Urkunde die Halsgerichtbarkeit über jede in den Landen ihrer Baronie begangene Kapitalverbrechen innehat und nicht mehr wie es nach den Reformen von Kaiser Reto Gesetz war, zur Rücksprache mit ihrem direkten Lehensherren, in diesem Fall die Gräfin Allechandriel Quellentanz zu Waldstein, nehmen muss.

PFALZGRAF (mit unverstellter Stimme): Zu Hilf!

Der Pfalzgraf wirft sich zu Boden und schlägt sich die Hände vor das Gesicht. In diesem Augenblick tritt ein dritter Söldner laufend von rechts auf.

ELRIK: Zu Hilf!

ALRIK: Was ist denn?

BALRIK: Was ist denn?

ELRIK: Die Junkerin wurde von der gemeinen Ratte aus Sertis entführt und ihre Schergen haben sie in den Wald geschleppt, um sie dort zu massakrieren. Lauft schnell und sagt dem werten Junkergemahl Bescheid, damit er sie retten kann.

ALRIK: Aber was ist mit dieser falschen Hexe hier?

ELRIK: Lasst sie laufen, wir haben jetzt andere Probleme! Jede Sekunde zählt.

Die Söldner schauen sich verwirrt an, schauen auf den auf dem Boden wimmernden Pfalzgrafen und zucken mit der Schulter. Alle nach rechts ab. Ein kleines Kind tritt singend von links auf und bleibt beim Pfalzgrafen stehen.

KIND: Hallo du da. Du hast aber eine lustige Verkleidung an.

PFALZGRAF (wimmernd): O je, o je, o je.

KIND: Du, die Söldner sind gerade abgetreten. Du kannst jetzt gehen. (Zum Publikum) Und so endet die Geschichte, wie der Pfalzgraf sich als Hexe verkleidet hat und an den Söldnern vorbei kam.

- ENDE -


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Per 1037 BF zur mittäglichen Traviastunde
Wie der Pfalzgraf sich als Hexe verkleidet hat und an den Söldnern vorbei kam
Fassstechen


Kapitel 5

Schon wieder unerwartet
Autor: Hartsteen