Geschichten:Die Höhle des Löwen - Ein Gast auf Trollhammer

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Dramatis personae:


Burg Trollhammer, Samlor, Baronie Hirschfurten, Grafschaft Reichsforst, Mittag des 16. Phex 1031


Schon von weitem bemerkten die Burgwachen den Reiter, der sich hochaufgeschlossen auf seinem Ross dem Burgtor näherte, das um diese Zeit wie üblich offen stand. Als der Mann auf Rufweite herangekommen war, erhob der Wachhabende die Hand: „Im Namen des Barons von Hirschfurten, gebt Euch zu erkennen, Fremder!“

Der Ritter Alfred Beradje vom Orden des heiligen Zornes verlangsamte den Tritt seines Pferdes, und verkündete mit ruhiger aber zugleich entschlossener Stimme: „Die Herrin Rondra zum Gruße. Ich bin Alfred Beradje, Ordensritter und Leutnant vom Orden des Heiligen Zornes unserer Herrin Rondra. Ich bin auf Geheiß des Großmeisters Adran Bredenhag von Aarenstein hier und soll für den Schutz seiner Hochgeboren Nimmgalf von Hirschfurten sorgen. Euer Herr erwartet mich bereits.“

Die Wachen berieten einen Moment, und riefen den Burgweibel Simeon Darringer herbei. Als dieser bestätigte, dass man einen Ordenskrieger erwartete, wurde Alfred in den Burghof durchgewunken. Ein Knecht kümmerte sich um sein Pferd, während der Burgweibel den Neuankömmling in die Burg begleitete.

„Euer Hochgeboren, ein Ritter vom Heiligen Zorn ist eingetroffen. Laut eigenem Bekunden ist er ein Gesandter seiner Exzellenz Adran Bredenhag von Aarenstein.“ meldete Darringer als sie den Burgsaal erreicht hatten.

„Oh, hervorragend!“ Nimmgalf, der gerade beim Essen war, wischte sich mit einem Tuch den Mund und die Finger ab, erhob sich von seinem Mittagsmahl – es gab gebratene Wachteln in Rotweinsoße -, und schritt dann rasch auf seinen Gast zu. Sogleich fiel ihm die enorme Größe Beradjes auf, obschon der Baron nicht gerade klein an Wuchs war überragte ihn der Ordensmann um beinahe eine Haupteslänge. „In Travias und Ihrer elf göttlichen Geschwister Namen – seid mir herzlich willkommen auf Burg Trollhammer, Herr… wie war noch gleich der Name?“

„Alfred Beradje von Schwertwacht, Leutnant vom Orden des Heiligen Zorns der Göttin Rondra!“ stellte sich der Neuankömmling vor. Mit den Worten vollführte er den rondrianischen Gruß und schlug hart mit seiner rechten Faust auf den Plattenpanzer unter seinem Ordensrock.

„Ich glaube, Euer Herr von Aarenstein hat eine gute Wahl getroffen, als er Euch ausgewählt hat, um mir zur Seite zu stehen“, antwortete der Baron und klopfte dem Ritter wohlwollend auf die Schulter. „Ich bin sehr froh, ja geradezu erleichtert, dass sich endlich auch die Kirchen – oder zumindest eine der Kirchen – um meine Belange zu kümmern bereit ist, denn lange hat es nicht danach ausgesehen. Doch nehmt bitte an meiner Tafel Platz, meine Köchin wird euch gleich eine köstliche Mahlzeit servieren. Sie kocht ohnehin immer zu viel, so dass Ihr sicher satt werdet.“ Damit wies er Alfred einen Platz zu, derweil sich der Burgweibel mit einem knappen Gruß entfernte.

Sofern der Ritter von der Musterung pikiert gewesen war, so ließ er sich dies keinesfalls anmerken. Nach der Einladung von Nimmgalf legte er das noch gegürtete Schwert beiseite, sodass er – mitsamt seinem Kürass – bequem Platz nehmen konnte. „Habt Dank für die traviagefällige Aufnahme auf Burg Trollhammer Euer Hochgeboren.“

Nachdem sie es sich an der Tafel bequem gemacht hatten begann der Baron: „Nun, was kann ich Euch noch berichten, was ihr noch nicht wisset? In letzter Zeit hat es keine Übergriffe durch Simiona oder ihre Schergen mehr gegeben, aber wenn ihr mich fragt, ist das nur die Ruhe vor dem Sturm. Simiona hat in der Anfangszeit immer wieder versucht, meine Verbündeten zu demoralisieren, zu attackieren oder gar Schlimmeres. Stellt Euch nur vor, sie hat sogar meinen Freund und Bundesbruder bei den Pfortenrittern Hilbert von Hartsteen gefangen genommen, und ihn eine Zeit lang auf Burg Leihenbutt festgehalten. Nur dank einer Gruppe unerschrockener Abenteurer, die ich zu seiner Rettung entsandte, konnte er wieder auf freien Fuß gelangen. Baer das war bei weitem nicht alles – sie hat mehrfach ihre Schergen entsandt, um Junkerin Aidaloê von Gorsingen anzugreifen oder gar zu töten, mit der mich eine Zeit lang mehr als nur Freundschaft verband. Den Göttern sei dank konnte Schlimmeres verhindert werden. Jedenfalls mache ich mir große Sorgen, nicht nur um mich, sondern auch um alle Menschen, die mir etwas bedeuten.“

Währenddessen wurden Getränke und Speisen gereicht. Alfred begann nach einem kurzen Zögern, das einladende Nicken des Barons abwartend, mit dem Menü, welches ihm gereicht wurde. Dabei bewies er, dass er sich durchaus mit den Gepflogenheiten des hohen Dinierens gut auskannte. „Die Dame Simiona di Silastide-Marvinko bewahrt also Ruhe, Euer Hochgeboren. Dies kann meiner Ansicht nach zwei Gründe haben. Entweder, sie hat mit inneren Problemen zu kämpfen oder aber sie bereitet eine größere Aktivität vor und sammelt ihre Ressourcen.“ Alfred blickte zu Nimmgalf, „Was erhofft Ihr Euch durch unsere Anwesenheit, Euer Hochgeboren?“

„Ich verspreche mir von den Untersuchungen eurer Ordensgeschwister sehr viel – ich hoffe seine Exzellenz hat ihnen eingeschärft, in Leihenbutt mit äußerster Vorsicht zu agieren, denn Simiona ist äußerst gerissen und extrem gefährlich. Sobald sie Verdacht schöpft, kann es schon zu spät sein. Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn es meinentwegen auf dieser Erkundungsmission zu Verlusten Eures Ordens käme. Aber wer sonst wenn nicht Ihr und Euer Orden sollte dieser Aufgabe gewachsen sein?

„Die edle Dame Aischa saba Melin ist eine äußerst erfahrene und gewissenhafte Persönlichkeit und Wächterin der Leibgarde seiner Exzellenz, Euer Hochgeboren. Sie wird sich der bei Aufgabe aller gebührenden Vorsicht bedienen, sodass niemand gefährdet wird.“ Nimmgalf hatte das Gefühl, dass Alfred das Lob bewusst unkommentiert ließ.

Nimmgalf fuhr fort: „Wenn wir endlich Bescheid wissen, was in Leihenbutt vor sich geht, werde ich meine Verbündeten zu den Waffen rufen. Ich stehe bereits mit meinem Freund Wulf von Streitzig in Kontakt. Wir beabsichtigen zu einem Turnier nach Uslenried zu laden, dies aber nur als Vorwand um unsere Truppen, also die Reichsforster Liga, die Waldsteiner Wölfe und weitere befreundete Haufen möglichst unauffällig in Reichweite Leihenbutts zu bringen. Wenn alles gut geht, haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Je weniger Zeit Simiona hat, sich auf einen Angriff – so wie ich es plane von gewaltiger Größenordnung – vorzubereiten, desto eher wird unser Unterfangen ein Erfolg. Jedoch will ich erst das Startsignal geben, wenn wir wissen, worauf wir uns einzustellen haben. Blind nach Leihenbutt zu reiten, könnte direkt ins Verderben führen.

Alfred hatte mittlerweile das Menü beendet und tupfte sich mit dem beiliegenden Tuch den Mund. Schließlich nahm er noch einen Schluck des Wassers, welches zu dem Wein gereicht worden war. Danach fragte er freundlich aber bestimmt, „Mit allem gebührenden Respekt Euer Hochgeboren, Ihr berichtet mir von einer Fehde, wie sie unter den Adligen des Reichs Rauls des Großen aber auch in der Heimat der Dame Simiona di Silastide-Marvinko – welches im Übrigen auch meine Heimat ist, hier aber nicht von Belang sein soll – nicht unüblich ist. Wie Ihr sicherlich wisst und wie Euch seine Exzellenz Adran Bredenhag von Aarenstein auch gesagt haben wird, mischt sich die Kirche der Rondra und auch der Orden des Heiligen Zorns der Herrin Rondra nicht in die derischen Belange der Herrschenden ein. Natürlich nur insoweit beide Parteiungen den Zwölfen wohlgefällig sind. Sagt mir Euer Hochgeboren, welches ist die Motivation der Herrin Rondra und ihrer Diener, in diesem Konflikt Partei zu ergreifen?“

Nimmgalf schwieg eine Weile und sammelte sich bevor er antwortete: „Trotz aller Ungewissheiten, Vermutungen und Spekulationen kann ich doch eines mit Gewissheit sagen: dieser Konflikt ist nicht von gewöhnlicher Natur, Herr Beradje. Simiona gebraucht dämonische Kräfte oder gar Schlimmeres, um ihre abstrusen Machtgelüsten zu frönen. Ich weiß nicht, was sie wirklich plant, aber ich weiß dass sie völlig skrupellos in der Wahl ihrer Mittel ist, und sie dies zu Freveln wider die zwölfgöttliche Ordnung verleitet, die jeden Rechtschaffenen nur mit Grausen schütteln würden. Wenn ich recht habe, und Eure Ordensschwester Erfolg haben wird, dann kommt – so hoffe ich – zumindest ein Teil der Wahrheit ans Licht. Nur so hätte ich dann endlich die Möglichkeit, mit meinen Anschuldigungen an die Öffentlichkeit zu treten, und die große Gefahr, die von Simiona ausgeht, publik zu machen. Dann endlich wird die Zeit kommen, dass die üblen Machenschaften nicht länger hingenommen werden – weder von den Kirchen noch von der Obrigkeit, und mein Militärschlag wird mit vollster Rechtfertigung und das Böse in vollem Umfang vernichtend stattfinden. Für dieses hehre Ziel bin ich bereit alles zu geben – und ich hoffe, dass Ihr und Euer Orden es ebenfalls sein werdet, wenn es so weit ist.“

„Naturellement, Euer Hochgeboren. Der Orden des Heiligen Zorns wird immer gegen dämonische, ketzerische und namenlose Kräfte vorgehen!“ Der Leutnant blickte Nimmgalf freundlich an, „Eure Reputation, Euer Leumund ist im Königreich Garetien über jeden Zweifel erhaben – zudem, seine Exzellenz von Aarenstein entsandte mich und meine Ordensgeschwister in dieser Angelegenheit und er hätte dies nicht getan, wenn er Euren Befürchtungen keinen Glauben schenken würde.“