Geschichten:Die Faust des Grafen - Gespräche unter vier Augen

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Festung Feidewald, 05. Peraine 1031 BF


„Perdia, komm doch bitte herein!“ sprach Werdomar von Quintian-Quandt betont gelassen. Werdomar setzte sich in seinen Arbeitsessel und stützte seine Ellbogen auf den großen Arbeitstisch. „Ich habe mit dem Grafen über deinen Zustand geredet.“

„Und was sagt er?“ fragte die Zofe neugierig.

Werdomar lehnte sich ein wenig vor. „Er lässt dir mitteilen, dass er dir und dem Kind alles Gute wünscht.“ Er nahm ein Schreiben aus der Schublade seines Tisches. „Es sind alle Vorkehrungen für deine Abreise nach Hutt getroffen. Der Graf wünscht, dass du dich in das Traviakloster begibst. Dort wirst du in aller Ruhe deinen Bastard gebären können.“

Perdia wirkte verunsichert. „Mit diesem Schreiben wird Anselm von Quintian-Quandt über die Beweggründe deiner Anwesenheit informiert." Er holte noch ein weiteres Schreiben hervor. „Und mit diesem Schreiben wird deinem Kind ein angemessener Hausstand und eine angemessene Ausbildung zugesichert.“ Perdia schien den Tränen nahe. „Bitte packe deine Sachen und melde dich bei Weibel Hintinger. Er hat deine Reise vorbereitet.“

Perdia erhob sich steif, schniefte kurz. „Ich danke Euch, Euer Hochgeboren!“ Werdomar hatte sich bereits wieder einem weiteren Schreiben zugewandt und antwortete ohne aufzusehen: „Dankt nicht mir, sondern mit einem Brief dem Grafen!“


Währenddessen in einem Vorraum:


Boraccio betrat den Vorraum und sah sich um. Ein Diener verbeugte sich eilfertig. „Seine Hochgeboren wird Euer Wohlgeboren gleich empfangen.“ Der Junker nickte kurz und drückte dem Diener wortlos Hut und Mantel in die Hand. Er fingerte in der Tasche seiner Jacke und holte ein mit silbernen Einlegearbeiten verziertes Etui heraus, aus dem er eine Zigarre entnahm. An einer Kerze im Raum entzündete er die Zigarre und nahm ein paar Züge, als sich die Tür öffnete und ein weiterer Mann in Begleitung des Dieners den Raum betrat.

Ulmenbert, der den Diener förmlich vor sich hergeschoben hatte, betrat eiligen Schrittes den Raum. Den dort wartenden Mann musterte er interessiert, während er dem Diener seinen Helm und seinen Umhang reichte. Er hatte den Körperbau eines Mannes, der auf dem Schlachtfeld zu Hause ist. „Rondra zum Gruße! Ulmenbert von Grabandt lautet mein Name, Junker von Cavans Steg. Mit wem habe ich die Ehre?“

Der Almadaner machte eine elegante Verbeugung, wie man es von einem Südländer erwartete. „Den Zwölfen zum Gruße. Boraccio D’Altea mein Name, Junker zu Aracena. Zur Zeit in Diensten Graf Geismars. Ich vermute, dass Ihr auch zu der Besprechung geladen seid?“

„Euer Wohlgeboren vermuten richtig“, erwiderte Ulmenbert mit einer knappen Verbeugung. ’Wenn Graf Geismar diesen Altea mit seinen Sturmfalken gerufen hat, dann bahnt sich etwas Größeres an’, schoss es ihm durch den Kopf. „Wisst Ihr bereits etwas über den Anlass der Besprechung? Ich dachte nach der Waffenruhe mit den Luidoristen würde es ein wenig ruhiger werden.“

Boraccio zuckte mit den Schultern. „Ich bin heute erst mit einem weiteren Tercio hier eingetroffen, nachdem ich Nachricht erhielt, dass Graf Geismar in größerem Maße Leute unter Sold zu nehmen gedenkt. Wenn er bereit ist, solche Ausgaben zu tätigen, dann wird es wohl um mehr gehen, als darum ein paar Strauchdiebe zu fangen. Weiteres werden wir wohl gleich erfahren. Gedenkt Ihr ihm auch ein Tercio anzubieten?“ Er musterte Ulmenbert kritisch wie einen möglichen Konkurrenten.

„Da der Graf mein Lehensherr ist, kann hier nicht von Anbieten die Rede sein. Man hat nach meiner Gefolgschaft in dieser Angelegenheit verlangt. Daher werde ich natürlich mit der Schar meiner Waffentreuen für Hartsteen zu Felde ziehen.“ Ulmenbert verlieh seiner Stimme dabei einen leicht geringschätzigen Unterton. „In welchem Umfang hat Seine Hochwohlgeboren denn Söldlinge bei euch „geworben“?“ fragte er möglichst beiläufig.

„Waffentreue, soso.“ Der Stimme des Söldnerführers war zu entnehmen, was er davon hielt. „Seine Hochwohlgeboren geruhten neben dem Banner, das bereits in seinen Diensten steht, weitere Banner unter Sold zu nehmen, genug für einen Feldzug, wenn das seine Absicht sein sollte. Hat er noch weitere seiner Vasallen zu den Waffen gerufen?“

Ulmenbert tat so, als hätte er die „Wertschätzung“ seines Gegenübers für Waffentreue nicht bemerkt. Er musste ihm ja nicht jetzt schon auf die Nase binden, dass noch zwei Ritter und wenige Waffenknechte dabei waren. Freilich würde seine Schar trotzdem wenig beeindruckend neben den Söldnerbannern aussehen, aber woher sollte er die Dukaten dafür nehmen? Er erwiderte lediglich: „Soweit ich weiß nicht. Aber da noch nicht einmal klar ist, gegen wen Graf Geismar vorzugehen gedenkt, können wir eventuell noch mit der einen oder anderen Überraschung rechnen.“

Ein eintretender Diener unterbrach Borracios und Ulmenberts Gespräch. „Seine Hochgeboren Werdomar von Quintian-Quandt wäre nun bereit, die Wohlgeborenen Herren zu empfangen."