Geschichten:Die Familie über alles - Unbehagen

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Junkertum Zyrbelstein, Ende Praios 1036 BF:

Esmer von Zweifelfels ritt den schmalen Weg entlang der sich wie eine Schnur an den wild fließenden Mühlbach schmiegte. Begleitet wurde sie von ihrem Knappen Nardes, der sich sichtlich unwohl fühlte. Bald hatten sie ihr Ziel erreicht, sie konnten die Burg Zyrbelstein in der Ferne schon sehen. Zyrbelstein war eine waghalsige Burgkonstruktion auf einer seltsamen Felsnadel am Rande des verwunschenen Reichsforstes. Die Burg wirkte wie ein lebendiges Wesen auf die erst kürzlich ernannte Junkerin von Euplingen, schienen sich doch Palas und Türme, Bergfried und Torhaus auf der Klippe festzukrallen, und dass die überragenden Mauern und Erker nicht in die Tiefe stürzten, schien Esmer wie ein Rätsel zu sein. Auch wenn die Burg keine 10 Meilen von der Stammfeste ihrer Familie entfernt war, hatte sie das Gemäuer doch nie betreten. Zu unheimlich war ihr der Ort und ihre Bewohnerin, Junkerin Nartara Rondratreu von Zweifelfels. Der ganzen Familie war die uralte Junkerin unheimlich, war sie doch die einzige die es auf dieser geheimnisumwobenen Feste aushielt ohne wahnsinnig zu werden. Esmer kannte die alten Geschichten die sich um das Gemäuer rankten noch aus ihrer Kindheit. Während der Kaiserlosen Zeit starb die Familie derer von Zyrbelstein unter rätselhaften Umständen aus. Eines Tages fand man die Burg vollkommen verlassen, alle Tore und Fenster geöffnet, das Essen erkaltet auf den Tischen, die Betten unbenutzt, die Käfige und Ställe der Tiere ebenfalls geöffnet und ihrer Bewohner bar. Seither wehte über Zyrbelstein das Banner der Familie Zweifelfels und zahlreiche tapfere Ritter hielten die Burg, manche verzweifelten, manche wurden irre, manche verschwanden - doch weiß keiner warum und wie. Auch die Bediensteten waren nur schwer auf der Burg zu halten, erging es ihnen doch nicht anders als den jeweiligen Burgherren. Vor fast 50 Götterläufen wurde dann die damals blutjunge Nartara zur Junkerin ernannt – und sie blieb es bis zum heutigen Tage! Scheinbar hatte Nartara, der man ein Hexendasein nachsagte und als die Hexe im Kettenhemd halb ehrfurchts- halb angstvoll titulierte, das Geheimnis von Zyrbelstein im Griff.

Aber eigentlich wollte sich Esmer nicht mit so bedrückenden Gedanken befassen, hatte sie doch allen Grund zur Freude. Nach langem und auszehrenden Kampf um das Erbe ihres Vaters hatte sie sich durchgesetzt und die ehemaligen Stammlande der Familie Eupel so gut es ging befriedet. Als Dank dafür hatte Baron Junkobald sie zur Junkerin von Euplingen erhoben und damit den Einflussbereich ihrer Familie auf den Nordosten der Baronie Leihenbutt ausgedehnt. Nun, dem Baron von Leihenbutt war auch keine Wahl geblieben, hatte er doch auf diesen Teil seiner Baronie eh nicht viel Einfluss, denn noch immer trieben dort Raubritter ihr Unwesen und die Familie Zweifelfels war ein Garant für Frieden.

Schließlich erreichten die beiden Reiter die Burg und das Unbehagen in beiden stieg ins Unermessliche. Wie von Geisterhand öffneten sich das hölzerne Tor und gab den Blick in den Innenhof frei. Dort erkannte Esmer zu ihrer Überraschung Leodan, der gerade mit seinem Knappen Hagrobald ihre Pferde festband. Im Burghof war es bis auf das nervöse Schnauben der Pferde still, kein Laut war zu hören, kein Vogelgezwitscher, nichts. Esmer und Nardes stiegen von ihren Pferden und die Junkerin ließ ihren Blick schweifen. Die Wände der alten Burg waren über und über von Efeuranken überwuchert, die steinernen Ummauerung des Brunnens war vor lauter Moos kaum noch zu erkennen.

„Sei gegrüßt, Leodan, was bei den Göttern machst du denn hier?“ In Esmers Stimme klang Erleichterung durch. Immerhin war sie mit ihrem Knappen nun nicht – wie befürchtet – allein in diesem unheilvollen Gemäuer.

„Den Göttern zum Gruße, nun, ich weiß nicht so recht warum, aber...“ Leodan hielt kurz inne, als wollte er seine Gedanken ordnen.

„Die Hexe im Kettenhemd hat uns hierher bestellt, sicher will sie uns den finsteren Mächten des Reichsforsts opfern“, schrie Leodans Knappe dazwischen.

„Hagrobald, beherrsche dich“, sprach Leodan mit gedämpfter Stimme, „du sollst nicht alles Glauben was man dir über Nartara erzählt. Sie ist... geheimnisvoll, das ist alles.“

Nardes, der sich vor dem anderen Knappen nicht die Blöße geben wollte, versuchte angestrengt weiter ernsthaft zu gucken, während seine Herrin zum großen Tor des Bergfriedes deutete.

„Nun denn, dann wollen wir mal. Wir werden nie erfahren was Nartara von uns will wenn wir hier im Hof versauern.“

Die zwei Ritter und ihre Knappen stiegen die steinerne Treppe zum Tor empor, das sich, als sie davor angekommen waren, ebenfalls wie von Geisterhand öffnete...





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Texte der Hauptreihe:
17. Pra 1036 BF
Unbehagen


Kapitel 1

Autor: Bega