Geschichten:Des Marschalls langer Schatten - Bier, Braten und eine Leiche

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Schänke "Bei Damian", Alt-Gareth. Zwei edel gewandete Männer an einem Ecktisch im Gespräch vertieft.

"Dir gefällt diese Schänke offenbar sehr, dass wir uns wieder hier treffen müssen."

"Der Laden ist mir eigentlich herzlich egal, aber Bier und Braten sind vorzüglich. Ich habe uns auch bereits von beidem bestellt. Bei einem guten Mahl lässt es sich doch auch gleich viel entspannter diskutieren, nicht wahr?"

"Du hast wirklich die Ruhe weg. Aber mein Essen kannst Du wieder zurückgehen lassen, ich nehme lieber eine Gemüsesuppe. Seit meinem letzten Aufenthalt in Wandleth ist mir fürs erste der Appetit auf Fleisch vergangen."

"Ach ja, die Sache mit unserem Koch, verstehe. Das kann einem schon auf den Magen schlagen. Aber egal: Deine Mühen sind nicht unbemerkt geblieben. Der Marschall ist mit Deiner 'Arbeit' auf der Burg und Deinem Bericht über die Geschehnisse dort sehr zufrieden. Ich soll Dir übrigens seinen persönlichen Dank übermitteln. Daneben wirst Du demnächst neben diesen warmen Worten auch noch eine, wie soll ich sagen, 'handfestere' Belohnung für Deine außerordentlichen Dienste erhalten.

"Als wenn es mir darum ginge. Ich bin ja kein Söldner oder gar Auftragsmörder. Obwohl, wenn man es genau bedenkt-"

"Nun grübele nicht so vor Dich hin, das ist doch sonst nicht Deine Art. Du standest vor einem Problem, suchtest nach einer Lösung, fandest sie und beseitigtest das Hindernis. So wie Du es immer machst. Und außerdem: Du tatest es ja nicht aus niederen Beweggründen sondern für eine weitaus größere und edlere Sache. Und wie gesagt, der Marschall weiß das durchaus zu schätzen."

"Gut, dann lassen wir es dabei bewenden. Ich sage aber gleich, dass ich nicht nochmal vorhabe, mich als Attentäter zu betätigen, das-"

"-ist unserem Oberkommandierenden völlig klar. Keine Sorge, so etwas wird nicht noch einmal von Dir verlangt werden. Ich bat um dieses Treffen, um einen ausführlicheren Bericht über Deine Aktivitäten zu erhalten, den ich dem Marschall dann vortragen kann. Deine Depesche war ja logischerweise recht knapp bzw. allgemein gehalten.

"Naja, viel mehr oder gar Spektakuläres habe ich dem genau betrachtet nicht hinzuzufügen. Es ergab sich während der eigentlichen Zusammenkunft auf Bogenbrück leider keine hinreichend günstige Gelegenheit, Rondriane von Eslamsgrund oder das andere Ziel auszuschalten. Also wartete ich bis zum Ende dieser nervtötenden Versammlung, um-"

"Wieso 'nervtötend'?"

"Hm, wenn Du mich ausreden ließest, wäre es auch weit weniger nervtötend. Um es kurz zu machen, man jagte dort irgendwelchen Bruchstücken von irgendwelchen Reliefs und irgendwelchen mystischen Rätseln hinterher. Ganz am Ende gründete man sogar noch einen neuen Orden. Als ob es davon nicht schon genug gäbe!"

"Ah, das Essen ist da! Lass´ uns doch erst dieses herrliche Mahl genießen, bevor Du weiter erzählst. Die Eslamsgrunderin ist bereits kalt, aber den Braten hier würde ich gerne vor diesem Schicksal bewahren."

"-"

Etwa zwanzig Minuten, einen Rinderbraten, eine Suppe und zwei Bierkrüge später.

"Wenn es genehm ist führe ich nun gerne fort; oder soll ich warten, bis der Herr auch noch einen Nachtisch zu sich genommen hat?"

"Na, nun sei doch nicht immer gleich so vergrätzt! Aber gut, ehe ich mich noch schlagen lasse - ich bin ganz Ohr!"

"Die beste Gelegenheit, um zuzuschlagen, bot halt der durch den allgemeinen Aufbruch entstandene Trubel. Ich entschloss mich, mein Glück, wenn man das so sagen kann, bei der Burggräfin zu versuchen anstatt bei [lautes Gelächter am Nebentisch]. Im Gegensatz zu ihm bekleidete Rondriane noch diverse Ämter und erschien mir daher als das lohnendere Ziel. Die eigentliche Tat ist schnell erzählt: Ich beobachtete sie und erkannte nach kurzer Zeit, dass sie zum Abort wollte. Naja, einige Augenblicke später folgte ich ihr dorthin, rammte ihr ein Stilett ins Herz, warf die Klinge in die Abortklappe und drapierte die nunmehrige Ex-Burggräfin so, dass ein etwaiger unbedarfter Beobachter davon ausgehen müsste, dass sie noch 'beschäftigt' wäre. Funktionierte auch ganz gut, da die Leiche erst etwa eine Stunde später entdeckt wurde, als ich die Burg bereits verlassen hatte."

"Das ist - brillant! Einen besseren Ort hättest Du kaum finden können. Beim Scheißen erstochen: Phantastisch! Und so entwürdigend. Ich nehme an, dass sorgte für einigen Wirbel, nicht wahr?

"Bei den Gästen, die noch auf Bogenbrück weilten, auf jeden Fall, wie mir zugetragen wurde. Auch wenn die Hälfte der ursprünglich Anwesenden bereits abgereist war, sollten die Verbliebenen als Publikum für die vom Marschall gewünschte Öffentlichkeit völlig genügen."

"Ohne Frage, ohne Frage. Ach ja, wie sind eigentlich die Gefangenen aus der Burg entkommen? Dein Bericht ist hierzu recht vage."

"Ganz einfach: Ich habe für ihre Flucht gesorgt. Eigentlich wollte ich das dadurch entstehende Chaos nutzen, um währenddessen zumindest eines meiner Ziele zu Boron zu schicken, aber leider ergab sich keine passende Gelegenheit dafür."

"Aber wie-"

"Sag´ ich nicht. Alles musst Du auch nicht wissen. Noch einen Humpen Bier?"

"Äh ja, gerne. Allerdings bin ich etwas irritiert."

"Sehr schön. Auf unseren Oberkommandierenden!"

Eine weitere halbe Stunde später gingen die beiden Männer mit einem kräftigen Händedruck auseinander. Einer der beiden durchblätterte zurück in seinem Quartier einen Stapel Pergamente, die er der toten Burggräfin abgenommen hatte und sich als außerordentlicher Glücksfall erwiesen hatten. Für Haffax mochten diese Dokumente keinen besonderen Wert haben, für ihren Finder dafür umso mehr. Denn dadurch war ein jüngst tief gefallener ehemaliger Hochadliger des Reiches schlagartig zum Hauptverdächtigen Rondrianes Ermordung betreffend avanciert und dadurch auch erpressbar geworden. Erstaunlich, wer so alles mit dem Marschall Handel getrieben hatte. Zurück in seiner Heimat würde sich der Finder in aller Ruhe darüber Gedanken machen, ob und wie er die Schriftstücke zu seinem Vorteil zu nutzen gedachte ...



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26. Tsa 1038 BF zur mittäglichen Rondrastunde
Bier, Braten und eine Leiche


Kapitel 1

Zwei Spuren weniger
Autor: U-Boot