Geschichten:Der Weg nach Garrensand - Ein Hinterhalt

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Irgendwo in der Grafschaft Waldstein


Es dämmerte bereits, doch ein Ende des Wäldchens war noch immer nicht in Sicht. Eigentlich war er ganz gut vorangekommen, und mit etwas Glück würde er Garrensand schon am morgigen Abend und damit einen Tag vor dem Beginn des Konsistoriums erreichen. Wer weiß, was es alles zu bereden gab...

Ein wenig war Atheran unwohl bei dem Gedanken. Es lag nicht in seiner Art und auch nicht in Borons Willen, allzu viele Worte zu machen.

Dennoch hatte die Ladung recht eindeutig geklungen. Der Komtur erwartete Berichte von den Landmeistern seiner Speiche, und da die Schweigende Wacht nun einmal von allen garetischen Ordenshäusern dem Kosch am nächsten lag, hatte es sich angeboten, nicht nur einen Bericht zu schicken, sondern persönlich anzureisen.

Völlig in Gedanken versunken schreckte er auf, als etwas an ihm vorüber flog, und wenig später traf ihn etwas anderes am Schulterpanzer.

Schnell überwand er den ersten Schrecken, und automatisch wanderte die Rechte zum Griff des Tuzakmessers an seiner Seite. Die Gefahr förmlich spürend sprang er aus dem Sattel; sein Rappe stürzte nur wenig später über ein Seil, das verborgene Gestalten über dem Weg in die Höhe rissen.

Atheran zögerte nicht lange. Das Tuzakmesser flog aus der Scheide, während er sich auf den Waldrand zubewegte, um den Angriffen des verborgenen Schützen zu entgehen. Leider hob sich das Weiß von Wappenrock und Mantel deutlich vom Halbdunkel des Waldes ab. Doch es geziemte sich nicht, die Ordenstracht abzuwerfen, einmal ganz davon abgesehen, dass ihm dafür ohnehin keine Zeit mehr blieb. Schon waren zwei dunkel gewandete Gestalten heran und droschen mit ihren Säbeln auf den Landmeister ein. Dieser parierte Schlag um Schlag, tauchte unter einem Angriff hinweg und traf einen der Angreifer schließlich derart glücklich, dass dieser blutüberströmt zusammenbrach und sich nicht weiter rührte. Ungeachtet dessen gelang es dem anderen Söldling – denn um solche musste es sich dem Kampfstil nach handeln – ihn am Arm zu treffen. Die Verletzung war jedoch zum Glück nicht schwer, dennoch beeinträchtigte sie ihn.

Während der ersten Schläge hatten sich die übrigen Schlagetots weiter genähert. Aus den Augenwinkeln gewahrte Atheran nun insgesamt vier Schemen, die sich angriffslustig näherten.

»Haben wir also wieder einen von den Rabenvögeln erwischt«, witzelte einer der Söldlinge, und eine Frauenstimme pflichtete bei, dass dies ein glücklicher Tag für den Orden sei.

Sie gehören zu den Rubinbrüdern, ging es Atheran in diesem Moment durch den Kopf, und dann war es auch kein gewöhnlicher Überfall, sondern ein feiges, geplantes Attentat. Da nutze es auch nichts, sich auf seine Stellung in Orden und Kirche zu berufen und an das Gewissen der Schergen zu appellieren, denn ein solches erwartete er von den Rubinbrüdern ohnehin nicht.

Die Erkenntnis stärkte seinen Kampfesmut und erweckte gleichzeitig eine lange nicht mehr gefühlte Gnadenlosigkeit in ihm. Mit tödlicher Präzision teilte Schlug und stach er zu, parierte die ihm geltenden Angriffe seiner Gegner, und innerhalb weniger Augenblicke hatte Golgari zwei weitere Seelen über das Nirgendmeer hinweggetragen. Mochten die Götter entscheiden, ob ihre Seelen noch gerettet werden konnten...

Schnell wandte er sich den beiden übrigen Attentätern zu, welche vom Tod ihrer Gefährten wenig beeindruckt schienen. Die Söldnerin zog vielmehr hämisch grinsend den Abzug ihrer Armbrust durch, und ein Bolzen bohrte sich aus wenigen Schritt Entfernung in Atherans linken Oberschenkel. Der Schmerz ließ ihn straucheln, so dass er keine Gelegenheit fand, den ankommenden Schlag des Gegners abzuwehren, und die Säbelklinge hinterließ einen tiefen Schnitt im linken Oberarm, ein weiterer Schlag verletzte das rechte Bein.

Der Landmeisters stürzte zu Boden, doch noch im Fallen stieß er mit dem nun nurmehr einhändig geführten Tuzakmesser zu. Die scharfe Klinge aus Maraskanstahl bohrte sich in den Unterleib des Söldners und blieb dort stecken, denn der Griff entglitt Atherans Hand. So gut es seine Verletzugen eben zuließen rollte er sich über den Waldboden von seinem sterbenden Gegner weg, um nicht mit dessen letzten Atemzug doch noch einen Treffer einstecken zu müssen, doch zu einem Angriff kam der Söldner gar nicht mehr.

»Nicht schlecht, aber nicht gut genug«, höhnte die Söldnerin und marschierte mit erneut gespannter Armbrust auf ihn zu. »Allerdings ist es nun wohl an der Zeit, dieser Welt Lebewohl zu sagen!« Sie stand nur noch einen Schritt von Atheran entfernt, der bereits mit seinem Leben abschloß und ein Stilles Gebet an den Herrn Boron schickte.

Als die Söldnerin sich gerade anschickte, den Abzug zu betätigen, ertönte ein Rabenkrächzen, dass aus nur wenigen Schritten Entfernung herüberklang. Irritiert sah die Söldnerin nach oben. Atheran nutze die Gunst der Stunde, riß seinen Dolch aus der Scheide und sprang mit letzter Kraft auf. Noch in der gleichen Bewegung fand die schmale Klinge ihr Ziel und bohrte sich in das Herz der Söldnerin, die in der Bewegung erstarrte, ihn ungläubig ansah und schließlich die Armbrust aus der kraftlosen Hand fallen ließ, bevor ihre Knie den Dienst versagten und sie zu Boden stürtze.

Atheran blickte sich um, doch der Rabe war verschwunden. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.