Geschichten:Der Storchenbund - Am Abend der Herrin II - Die Gründung

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Dramatis Personae


Quelltempel zu Nattersquell , 9. Peraine 1034 BF

"... Und wir loben dich, Herrin Peraine." Ulfried erhob sich nach dem Gebet und blickte in die Runde. "Wir sollten uns nun den Speisen und dem Orden widmen. Es gibt vieles zu erklären und zu bestimmen."

Er streckt seinen Arm aus und weist den Weg zur vorbereiteten Kammer. "Es stehen kleine Gaben der Herrin sowie Tränke und Weine bereit. Bitte bedient Euch und seid meine Gäste." Nachdem alle den reich geschmückten Raum betreten haben, das Schlusslicht bilden Alabrecht und Praiosward, geht auch Ulfried hinein und schließt hinter sich die Tür. Nun geht es los. Herrin, schenke mir Kraft

Ulfried dreht sich von der Tür weg und blickt zu seinen Gästen, ein jeder hat einen Platz gefunden. Ährengard sitzt Salix gegenüber, Walpert sitzt neben Alabrecht, diesem gegenüber sein alter Freund Praiosward und neben diesem wird Ulfrieds Platz sein."Zuerst habt Dank für euren Besuch. Ich freue mich sehr über jeden von Euch. Sollte dieses Treffen nicht Euren Erwartungen entsprechen, steht es jedem von Euch jederzeit zu, dieses kundzutun und bei völligen anderen Ansichten auch zu gehen. Keiner wird gebunden und gehalten. Auch möchte ich betonen, dass dies die erste öffentliche Handlung meinerseits ist und ich daher viel aufgeschrieben habe. Habt Nachsehen, wenn es vorgelesen und auswendig klingt." Salix und Praiosward grinsen und klatschen leicht in die Hände. Ulfrieds Unsicherheit schwindet.

"Sechs Interessenten haben sich heute hier gefunden, sechs Menschen, die ein Gedanke verbindet, ein Gedanke für den einige von uns jetzt schon Hohn und Spott ernteten. Jedoch auch ein Gedanke, der noch viele weitere beflügeln wird." Ein Nicken geht durch die Runde. Jeder der Gäste weiß, dass Ulfried öffentlich belächelt wird und man ihn den "Bauernjunker" nennt.

"Wir sind heute hier, um der Göttin Peraine zu preisen und uns ihrer öffentlich zu bekennen. Der Storch als erhabener Bote, als Diener Peraines, mit dem Weitblick und der Geduld ausgestattet, soll das Zeichen des gemeinsamen Gedankens sein." Ährengard zieht ein kleines Päckchen aus dem Umhang und deutet Ulfried an, er möge mit der Rede fortfahren.

"Ein Gedanke, der allein zu fassen zu groß, allein zu tragen zu schwer und allein zu wirken zu massiv ist. Doch zusammen und mit göttlicher Wohlstimmung zu führen ist. Der Schutz der Untergebenen." Ulfried spricht die letzten Worte mit sanfter Stimme. Nicht liegt ihm mehr am Herzen als die eigene Bevölkerung. Die, welche ihm Gehorsam und dem Land Wohlstand entgegenbringen. Eben jetzt fällt ihm auf, dass er schon lang von seinen Dörfern getrennt ist. Wie es Ihnen momentan wohl ergeht?

"WIR, ein jeder von uns, trägt die Verantwortung über Bürger und Dörfler. Einer Verantwortung, welcher sich nicht immer alle unseres Standes klar sind. Einige begegnen Ihren Schutzbefohlenen mit Verachtung und Missgunst und nicht gerechtfertigtem Verhalten. Und so frage ich euch:

Wie viele Landesherren unterdrücken ihr Volk durch hohe Abgaben, irsinnigen Steuern und sonstigen Zahlungen?

Wie viele Landesherren verlieren Ihr Handwerk in den Dörfern, weil für eine neue Jagd, ein neues Domizil oder aus einer anderen Laune heraus die Hand- und Spanndienste überbeansprucht werden, die Handwerker nicht an ihre Essen und Ahlen, Öfen und Meiler, Hobel und Sägen kommen? Die Handwerker des Landes fliehen?

Wie viele Landeskinder müssen in Kleinkriegen und Schlachten ihr Leben lassen, weil ihre Herren die Verantwortung gegenüber Acker und Krume, Herde und Koppel gering schätzen? Für wahr, diese Beispiele geben nur Einzelne, die ihre edle und wichtige Stellung vergessen haben. Doch ein schlechter Hirte kann eine ganze Herde verderben.

Peraine hei0t es nicht gut, wenn ihre Gaben gering geschätzt werden - und Ihr Bruder Praios hat uns auch befohlen, Peraines Gesetze zu achten, zu behüten und durchzusetzen. Daher lasst es uns zur Aufgabe machen, die guten Geister in uns und unseren Standesbrüdern und -schwestern wieder zu wecken und es allen zu sagen."

Praiosward erhebt seinen Kelch. "Höret, was der junge Junker zu sagen hat! Fahrt fort, Ihr habt unser Gehör"

"Habt Dank, Wohlgeboren. Wie ein jeder von Euch, und wie es auch jeder vor den Toren dieses Klosters weiß, kann ohne seine Bauern kein Land und kein Reich ernährt und unterhalten werden. Mögen auch Ackerbauern, Viehbauern und Holzbauern, Fischer, Jäger und weitere Handwerker in der Götter Hierarchie weit unten stehen, doch werden sie von den Göttern, von Praios und Peraine auch geliebt, denn sie sind das Fundament unserer Herrschaft, sie sind der Acker, aus welchem dem Land, seinen Leuten und uns Wohlstand erwächst. Und dessen muss sich unser Stand bewusst bleiben, jederzeit. Denn, meine Freunde:

Ohne bestellten Boden kann kein Schwertarm gestärkt werden.
Ohne gegerbtes Leder kann kein Sattel fertigt werden.
Ohne geschlagenes Holz kein Haus und keine Burg erbaut werden.

Ein Haus, ob ganz aus Holz oder aus Stein, wird vom Fundament getragen. So auch jedes Adelshaus. Jedes edle Haus von Adel gründet sich auf seinen Vasallen und Untertanen. Untertanen, die ihren Herren und ihre Herrin loben und nicht fürchten sollte. Denn der Wohlstand und der Ruhm eines Hauses beruht auf der Arbeit jedes einzelnen. Nur ein gut gepflegtes Feld bringt reiche Ernte. Nur eine führsorglich behandelte Herde wird sich vermehren.

Und seid gewiss, nicht nur wir, die wir hier sitzen, tragen diesen Gedanken. Nicht nur wir, die wir der Krume und dem Acker als Edle und Junker näher sind als die Barone und Grafen sehen die notwendige Hinwendung, unseren Untertanen mehr Schützer und Schirmer zu sein. Nicht nur wir, sondern auch peraineergebene Hochadlige sehen es: Throndwig, darf ich Euch bitten."

Die Pforte zu einem Nebenraum öffnet sich und herein treten zwei junge Geweihte der Peraine, begleitet von einem bärtigem älteren Mann, welcher eine Schriftrolle in der Hand hält.

"Meine Dame, meine Herren. Ich stelle Euch mit größtem Vergnügen vor: Throndwig von Bregelsaum. Ein Gönner des Bundes. Und in seiner Hand eine vorläufige Satzung, die ich mit Euch beraten möchte."

Thronwig verbeugt sich und wendet sich zum Kopfende des Tisches. Einer der jungen Geweihten bringt einen Stuhl und Throndwig nimmt Platz, rollt die Schriftrolle aus und es kommt ein Brief zum Vorschein.

Ulfried steht noch hinter seinem Stuhl und spricht: "Dieser Brief kündet von einem schweren Frevel in Verbindung mit dem Bund der Störche. Noch vor seiner Gründung erheben Bauern schwere Vorwürfe."

Raunen dringt aus allen Mündern. Was kann Ulfried damit meinen?