Geschichten:Der König im Dunkeln - Mit und ohne Hand und Fuß

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„Ganz offensichtlich“, zischte Frankward von Hirschenrode, „habe ich ein Problem.“

Zerknirscht musste Hauptmann Knechting zugestehen, dass sein Herr in diesem Belange durchaus Recht hatte.

“Ich meine“, fuhr der Hirschenroder mit vorgespieltem Gleichmut fort, „es geht mir ja gar nicht darum, das zünftige Bier hier vor mir auf dem Tisch wirklich trinken zu wollen.“

Ich hingegen schon, dachte Knechting im Stillen, als er das schäumende Gebräu in dem tönernen Krug auf dem Holztisch im Rittersaal stehen sah und ihm das Wasser im Munde zusammenlief. Doch gewiss war es klüger, einen solchen Gedanken gerade jetzt nicht zu äußern, und so lauschte er geduldig den weiteren Ausführungen Frankwards.

„Ich verspüre weder Hunger noch Durst in meinem jetzigen Zustand, aber ganz allein gesetzt den Fall, ich meine ganz allein hypothetisch gesehen: Ich würde dennoch gerne dieses Bier zu trinken imstande sein, wenn ich es denn wollte. Aber ...“

Demonstrativ griff der zurückgekehrte Hausherr nach dem tönernen Krug ... und durch ihn hindurch.

“ ... es geht eben nicht“, donnerte Frankward ohrenbetäubend los, sodass der Hauptmann zusammenzuckte und ein wenig in sich zusammensank, als sein Herr nun gleichsam die geballte Faust vor Wut auf die Tischplatte niedersausen ließ ...

... und ebenfalls durch sie hindurch.

Für einen kurzen Augenblick herrschte betretenes Schweigen, und es war nicht zu erkennen, ob es Frankward oder sein Hauptmann war, der in diesem Augenblick konsternierter blickte. Dann aber hatte Frankward von Hirschenrode seine Fassung wieder.

“Es geht mir ja auch gar nicht um dieses Bier, Knechting. Doch wie soll ich meine Rache denn schmackhaft genießen können, wenn ich selbst dazu nicht in der Lage bin, sie zu servieren? Wenn ich nicht selbst den Dolch stoßen kann in des elenden Binsenbeckers Herz? Wenn ich nicht eigenhändig das Rathaus der Stadt Hartsteen in Brand setzen kann?“ Seufzend hielt er inne.

Dann blickte Frankward seinen Hauptmann eine ganze Weile stillschweigend an. „So kann es nicht weiter gehen, Knechting“, nickte er schließlich. „Wir brauchen eine zündende Idee. Einen guten Plan.“

“Ganz Recht Herr“, gab Knechting geflissentlich zurück. „Einen Plan, der Hand und Fuß hat, Herr.“

Der Hauptmann schluckte schwer, als ihm dämmerte, was er da gerade gesagt hatte und er wich ein Stückchen weiter zurück. Man konnte ja nie wissen.

„Also einen durchdachten Plan, das sagt man ja nur so, mit Hand und Fuß, meine ich,“ versuchte er sich aus der Misere zu stottern.

„Wenn ich nur wieder Hände und Füße hätte, Knechting, dann würde ich Dir für so eine Frechheit einen gehörigen Tritt in den Hintern mit meinen Füßen und eine schallernde Ohrfeige mit meiner Hand verpassen,“ schnauzte Frankward ihn an. Doch dann lächelte der Ritter plötzlich versöhnlich. „Aber, aber, guter Hauptmann. Schaut nicht so schisserig. Hätte ich Hände und Füße, hätte ich mich über Eure unglückliche Wortwahl gar nicht so echauffieren müssen.“

Seufzend trat Frankward ans Fenster des Rittersaales und starrte hinaus auf den dunklen Wald und die nebelverhangenen Bergzüge.

Düster und geheimnisvoll lag der Feidewald da. Voll unheimlicher Geräusche. Voller Sagen und Legenden. Voller Mythen und Magie.

Vielleicht auch voller Hoffnung.

Der Wald hütete uralte Geheimnisse.

Warum nicht auch eines, das Frankward würde weiterhelfen können.

Eines, das Hand und Fuß hatte.