Geschichten:Der Götter Werk und Yolandes Beitrag – Märchenstunde (Vierter Teil)

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Donnerhof, Anfang Ingerimm 1042

„Ich soll...“, verwirrt guckte Nella mit ihren großen braunen Augen Yolande an, „Ich soll... Ihro Gnaden... anlügen?“

„Nein“, erwiderte Yolande da zum gefühlten tausendsten Mal, „Nicht anlügen, Nella. Nur einfach nicht alles sagen.“

„Nicht alles sagen?“, fragte das Mädchen, „Aber... Frau von Raukenfels, das ist auch lügen!“

„Ach Nella“, seufzte Yolande schwer.

„Und Lügen mag Ihro Gnaden gar nicht.“

„Wenn es doch eine Überraschung werden soll...“

„... und Überraschungen mag Ihro Gnaden noch viel weniger!“

So langsam wusste Yolande einfach nicht mehr was sie sagen sollte. Dieses Kind hatte immer eine passende Erwiderung.

„Und was soll ich da denn überhaupt?“, das Mädchen zuckte mit den Schultern, „In Gareth. Meine Frau Mutter sagt immer, in Gareth hat unsereins nichts verloren...“

„Vor Gareth“, korrigierte die Raukenfelserin, „Auf Schloss Dryadenstein. Dort wirst du im höfischen Benehmen unterrichtet werden.“

„Und... und wofür brauch ich das?“

„Ich dachte, du möchtest Geweihte werden? Wie Ihro Gnaden Nurinai?“

„Ja, schon. Aber...“, Nella stockte.

„Gerade eine Geweihte muss sich bei Hofe zu benehmen wissen“, führte Yolande da weiter aus.

Verdutzt blickte Nella die Ritterin an.

„Frag mal Ihro Gnaden!“

„Aber... ich bin doch noch gar keine Geweihte, noch nicht mal Novizin...“, gab das Mädchen zu bedenken.

„Und dann wäre es doch gut, wenn du zum Antritt deines Noviziates bereits etwas weißt.“

„Hm“, machte Nella da nur wenig überzeugt, während Yolande eifrig nickte, „Und warum kann Ihro Gnaden das nicht machen?“

„Ihro Gnaden hat sehr viel zu tun. Ich glaube, dass weißt du sogar noch wesentlich besser als ich. Und neben den ganzen Dingen, die man als Geweihte des Schweigsamen so wissen muss, wird sie dir auch das Lesen, Schreiben und Rechnen lehren. Und glaub mir, das dauert...“

„Hm“, machte das Mädchen da wieder, „Und wer hat das Ihro Gnaden gelehrt?“

„Ihre Eltern“, erwiderte die Raukenfelserin da eilig.

„Hm“, machte das Kind erneut und war noch immer nicht wirklich überzeugt, „Muss das denn wirklich sein? Wisst Ihr...“ Sie hielt kurz inne. „Wisst Ihr, ich kann hier sowieso nicht weg, jetzt wo meine Mutter wieder...“, in diesem Moment wurde Nella klar, was sie im Begriff war zu erzählen und da hielt sie sich eilig mit beiden Händen den Mund zu.

„Nella?“, Yolande zog beide Augenbrauen nach oben, „Was... ist denn mit deiner Mutter?“

Noch immer hielt sich das Mädchen mit beiden Händen den Mund zu.

„Vielleicht...“, hob die Raukenfelserin da an, „Ja, vielleicht sollte ich mal Ihro Gnaden fragen, was meinst du?“

„Nein, nicht Ihro Gnaden!“, entfuhr es dem Kind da plötzlich.

„Warum denn nicht?“, wollte Yolande wissen, „Sie... sie ist doch nicht etwa wieder... schwanger?“

„Sie darf doch gar nicht mehr“, versuchte das Mädchen abzuwiegeln, „Hat Ihro Gnaden gesagt.“

„Eben“, erwiderte die Raukenfelserin, „Eben deswegen. Also, Nella, ist deine Mutter wieder schwanger?“ Und noch bevor das Kind anheben konnte ihr eine Antwort zu geben, rief Yolande ihr ins Gedächtnis: „Keine Lügen!“

Nella schluckte schwer.