Geschichten:Das letzte Turnier

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Perringrund, 30. Rondra 1042 BF

Seine Schulter schmerzte noch von der Verstauchung des Vortages, doch das tat Ludovigs Freude keinen Abbruch. Als sein Name aufgerufen wurde, trat er mit behänden Schritten auf das Siegerpodest, verbeugte sich vor dem versammelten Adel und erhob anschließend seinen Arm mit geballter Faust in Richtung des gemeinen Volkes, dessen Jubel ihm galt. Er genoss diesen hart errungenen Augenblick, seinen wohl letzten Triumph auf den Turnierfeldern des Neuen Reiches.

Seneschall von Rabicum betrat das Podest, und Ludovig kniete sich nieder. Ein demütiges “Euer Hochgeboren” später hing ihm bereits die Medaille mit dem stilisierten Abbild des Perricumer Delphins um den Hals, der diesjährige Siegerpreis des Markgrafenturniers. Er erhob sich, winkte ein weiteres Mal mit der Faust und schritt zu Frau und Sohn, die am Rande der Nebentribüne standen.

“Und, wie fühlt es sich an, mein lieber Vigo? Nun war dir das Glück doch endlich Hold.” Peraishas Worte klangen neckisch, doch er wusste, dass auch sie über den Sieg erfreut war. Das Speerwerfen war äußerst knapp zu seinen Gunsten ausgegangen, zwei Finger hatten ihn im finalen Wurf auf den ersten Platz befördert. Er lächelte ihr zu. “Das Glück des Tüchti.... ah, verdammt, jetzt werde ich doch lieber nochmal den Medicus aufsuchen.” Er war der älteste Teilnehmer in der Disziplin, und das hatte sich in den letzten beiden Tagen bemerkbar gemacht. Ein hart errungener zwölfer Turniersieg, eine göttergefällige Zahl und wohl auch Zeichen dafür, daß es Zeit war, Abschied vom kompetitiven Speerwerfen zu nehmen.

Coryn unterbrach ihn in seinen Gedanken. “Vater, es geht sicher in Ordnung, wenn ich mir das Finale der Tjoste auf deinem Tribünenplatz anschaue?” Ludovig verweigerte seinem Sohn, der dem Speerwerfen keine große Aufmerksamkeit geschenkt hatte, diesen Wunsch nicht. “Pera, ihr beide könnt ruhig die Tjoste verfolgen. Aber vergiss nicht, Landvögtin Maia ein paar nette Worte zukommen zu lassen.”

Nachdem der Medicus seine Magie gewirkt hatte, machte auch Ludovig sich auf den Weg zur Adelstribüne. Er warf einen Blick auf seine Frau, die in ein lebhaftes Gespräch mit Maia vertieft war. Hoffentlich würde die Langvögtin dem Wunsch entsprechen, Zelda für einige Zeit an ihrem Hof ausbilden zu lassen. Die dort versammelten Lehrer und Künstler hatten einen guten Ruf, und seine Tochter wäre dort gut aufgehoben. Eine gute Ausbildung, die war er Zelda schuldig, nachdem er seine Familie im vergangenen Götterlauf zu sehr vernachlässigt hatte. Diese Turnierteilnahme war ihm Vorwand gewesen, um endlich mehr Zeit mit ihnen zu verbringen. Vielleicht auch deshalb hatte ihm Phex beim letzten Wurf seinen Segen zukommen lassen. Ludovig ging zur Tribüne und setzte sich an Peraishas Seite. Ja, von nun an würde er dem Turnierreigen von dieser Seite aus zusehen.