Geschichten:Düstere Schatten - Unschöne Reisen

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Baronie Nebelstein, im Finsterkamm auf dem Weg nach Schroffenstein, Peraine 1037 BF

Heftiger Schneefall wehte der Gruppe Reiter entgegen, als sie sich den steilen Karrenpfad hinauf arbeiteten. Reiten konnten sie schon lange nicht mehr, denn unter den Verwehungen fanden sich immer wieder eisglatte Stellen. Ihre Erste Reise führte die junge Ritterin in den Finsterkamm zum Gut ihrer "Großmutter". Ungern ließ sie ihr treues Schlachtross zurück, doch wusste sie nur zu gut, dass der mühsame Weg hinauf in die Berge für das Greifenfurter Kaltblut nicht geeignet war. Außerdem konnte sie so womöglich vermeiden, der alten Junkerin gegenüber in Erklärungsnot zu geraten, war die Stute doch aufgrund ihrer robusten Natur und des sturen Gemüts nach der Anverwandten benannt. Also blieb ‚Tante Yadviga‘ im Stall des greifenfurter Stadthauses, während Rondraja und Carten gemeinsam mit einer Hand voll Grenzjäger in die Berge zog.

Das Wetter war noch frisch, der Frühling hatte hier oben noch keinen Einzug gehalten und auf dem Weg in den Finsterkamm stießen sie immer wieder auf Schnee und Glatteis, was das Vorankommen deutlich erschwerte. Die Erinnerungen an ihre bisherigen Erlebnisse bei solchem Wetter stimmten sie ebenso wenig glücklich, wie die bevorstehende Begegnung mit der Schoffensteinerin, bei der die Stimmung ähnlich eisig werden dürfte. Es gab einfach Dinge, die man zu vermeiden versuchte, wenn es irgend ging, aber diesmal blieb ihr keine Wahl. Es hatte im letzten Winter bereits Tote gegeben, doch die Nachricht darüber war erst im Boron in der Reichsstadt angelangt. Die Fundstücke verwahrte die Ziehmutter ihrer Mutter, also musste sie nun hier hoch, sobald es das Wetter zuließ. Immerhin brachten sie ein paar Vorräte mit, um den Ärger der Alten über zusätzlich zu stopfende Mäuler am Ende des Winters zu mildern. Immerhin konnten sie sich die Reise zu dem kleinen Weiler weiter oben in den Bergen ersparen, denn wie man ihr berichtet hatte, war der ohnehin im letzten Frühjahr nach der Bestattung der sterblichen Überreste und dem Zusammentreiben dessen, was von der Ziegenherde übrig geblieben war, aufgegeben worden.

„Beren, schick bitte einen deiner Leute los, dass wir nicht unangekündigt aufschlagen. Gib eine ordentliche Portion Proviant mit, damit die Küche ein Mahl vorbereiten kann.“ Der angesprochene Grenzreiter nickte, winkte einem der anderen zu und nickte nach vorn in der Richtung ihres Weges. „Firunia, du hast die Herrin gehört. Nimm dein Pony und schau, dass du nach der Schneewehe etwas Tempo machst. Das Packtier nehmen wir.“ Die junge Frau grinste bestätigend, gab ihrem Hintermann die Zügel des Mulis und zog ihr Reittier etwas schneller voran. Schon nach einigen Minuten war sie in dem Schneetreiben nicht mehr zu sehen. Es war immer besser, wenn man sich bei unliebsamer Verwandtschaft ankündigte. Vielleicht war dann der erste Ärger bereits verraucht und die Neugier auf Neuigkeiten aus der Stadt überwiegten.

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Gut Schroffenstein, am gleichen Abend

Die Gruppe hatte wohl getan, nicht nur Proviant für die Bewohner, sondern auch etwas Holz für den Kamin und Heu für die Tiere aufzuladen. Am Abend brannte ein kleines, warmes Feuer in der Stube, eine Linsensuppe mit ordentlich Speck hatte sie von innen gewärmt und der Klatsch und Tratsch hatte sich bereits unter den Bediensteten breit gemacht. Für die meisten, die an diesem Abend das Gutshaus bevölkerten, konnte man die Stimmung als gemütlich bezeichnen. Nur Rondraja wäre auch ohne das Kaminfeuer heiß gewesen, denn die Alte setzte ihr mit den üblichen Fragen hart zu. Nachdem die Botschaft der Markgräfin überbracht und die formellen Fragen beantwortet waren, musste sie Rede und Antwort stehen, warum sie denn lieber durch die Lande zog, als sich einen Gemahl zu suchen und Kinder zu bekommen. Und selbstverständlich bot Yadviga ihrer Enkelin großzügig ihre Hilfe an, schien ihr das Mädchen in dieser Hinsicht ja nun gar nicht bewandert, wie sie anmerkte. Zudem müsse ja auch auf die Familie des Zukünftigen geachtet werden. Nicht dass das Kind – immerhin eine erwachsene Frau und vollwertige Ritterin der Mark, wie Rondraja einzuwerfen wagte – nachher außer Standes heiratete, irgendeinen dahergelaufenen Grenzjäger oder Bauernlümmel.

Spät in der Nacht erst zog sich die Junkerin in ihre Kammer zurück und ließ die junge Frau allein am beinahe erloschenen Kamin zurück. Am nächsten Morgen würden sie abreisen und die letzten Habseligkeiten des armen Mannes aus den Bergen zur Greifin bringen, den das Bergmonster zerfetzt hatte, wie hier alle glaubten. Rondraja aber hatte ihre Zweifel. Warum hätte das Wesen denn nur einen und nicht alle Bewohner des Hofes derart grausam hinrichten sollen? Einen Moment stutzte sie. ‚Hinrichten? Ob es wohl eine Hinrichtung war? Aber wie kommt jemand mitten im Winter unbemerkt diesen Passweg hinauf? Jeder Reisende müsste hier am Gut vorbei kommen. Unbemerkt wäre das unmöglich, da müsste man schon fliegen können…'