Geschichten:Bund von Ochs und Bär - Tjoste 6. + 7. Runde

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Runde 6 - Halbfinale

23. Praios 1034 BF, Baronie Bärenau


Lechmin Rondara von Luring gewinnt gegen Leobrecht von Ochs

(Sieg durch Herunterstoßen des Gegners)

Der Bräutigamsvater musste ein weiteres Mal als Turnierstich in die Bahn - und voller Ehren im Halbfinale! Das Publikum bangte um die zierliche Ritterin, die neben dem gerüsteten Kronvogt der Efferdtränen wie ein Fohlen neben einem Streitross wirkte. Doch zeigte die junge Frau dem erfahrenen Ritter, dass Können und Kunstfertigkeit im Tjostieren nicht nur mit Kraft, sondern auch mit Technik zu tun haben. Immerhin viermal ritten die beiden gegeneinnder an - einmal schrammte Ritter Leobrechts Lanze gefährlich kreischend über Ritterin Lechmins mittlerweile vom Turnier verbeulten Schild. Doch dann traf die Luringer Lanze den öchsernen Helm, ein masiger Leib stürzte vom Ross und eine überraschend ins Finale gestürmte Jungritterin ritt mit erhobenen Armen und befreit lachend durch den Parcours. Ritter Leobrecht begleitete Ritterin Lechmin dabei zu Fuß und hielt ihr gar den Steigbügel, als sie abstieg - ganz Edelmann und Charmeur.


Nimmgalf von Hirschfurten gewinnt gegen Praioslob Udilhelm von Eychgras

(Sieg durch Herunterstoßen des Gegners)

Man konnte die Spannung förmlich in der Luft knistern hören. Das nun anstehende Duell zwischen dem Pfortenritter aus Leidenschaft, Nimmgalf von Hirschfurten, dem zigfachem Turniersieger und hochdekorierten Veteranen auf der einen Seite, und seinem Herausforderer, dem jungen aufstrebenden Turnierreiter Praioslob Udilhelm von Eychgras von Bund der Pulethaner auf der anderen Seite, war das bislang am sehnlichsten erwartete Duell im gesamten Turnierverlauf.

Grimmig musterten sich die beiden Kontrahenten, die aufgrund der Fehde zwischen ihren beiden Ritterbünden keinerlei Sympathien füreinander hegten. Nimmgalf hatte den schändlichen Überfall im Osten seiner Baronie vor ein paar Monden noch nicht vergessen. Nach wie vor vermutete er Drahtzieher aus Eychgras hinter der Sache, allerdings gab er Praioslobs hinterhältiger Schwester Treumunde eher die Schuld daran als dem jungen Rittersmann selbst.

Beide Streiter machten sich bereit. Nimmgalf nahm die Lanze entgegen, senkte das Visier und ließ seinen schwarzen Hengst aufsteigen. „Für Hirschfurten!“ brüllte er laut und setzte sein mächtiges Streitross in Bewegung. Sein Gegner tat es ihm gleich. Stark prallten die Lanzen auf die gegnerischen Schilde, doch während Nimmgalfs Lanze in einer wahren Splitterwolke verging, schrammte Praioslobs Spitze nur über den roten Wappenschild Nimmgalfs und hinterließ eine hässliche Schramme. Nachdem sich die Aaaaaahs und Ooooohs der Menge wieder gelegt hatten, verkündete der Herold mit fester Stimme: „Von Hirschfurten führt mit eins zu null Lanzen. Zweiter Anritt.“

Nimmgalf führte Finstermähne an den Ausgangspunkt zurück. Er würde dem jungen Eychgraser Ritter heute seine Grenzen aufzeigen. Aber wie es schien, würde dieser genügend Edelfräulein zur Auswahl haben, die ihn anschließend darüber hinwegtrösten könnten. Nimmgalf musste schmunzeln, schließlich war er in seinen jungen Jahren genauso gewesen.

Gerade wurde ihm eine weitere Lanze aus dem langsam aber beständig zur Neige gehenden Lanzenvorrat aus dem Lager gebracht. Knappe Merowin nahm die Lanze vom Lagergehilfen entgegen und überbrachte sie seinem Herrn. Voller Stolz blickte er zu ihm empor, schien dieser doch in der Tjoste einfach unbesiegbar zu sein. Nimmgalf lächelte kurz, dann konzentrierte er sich wieder auf seinen Gegner, der sich ebenfalls erneut bereit gemacht hatte. Der Herold gab das Startzeichen, und wieder setzten sich die schweren Streitrösser in Bewegung.

Nimmgalf preschte voran. Als sein Gegner in Reichweite kam senkte er die Lanze und zielte auf den linken Schildrand. Doch was war das? Die Lanzenspitze zog deutlich stärker nach unten als üblich. Ein kleiner Schwächeanfall? Nimmgalf korrigierte, indem er die Lanze wieder ein wenig nach oben zog, und zielte nun genau auf die Oberkante von Praioslobs Schild.

Der Aufprall war heftiger als beim ersten mal. Während Praioslobs Lanze diesmal an Nimmgalfs Schild zersplitterte, stieß Nimmgalfs Lanzenspitze mit voller Wucht durch des Gegners Schild und Rüstung, und drang tief in die Brust des Eychgrasers ein. Dieser schrie auf von jähem Schmerz durchbohrt und wurde durch die Wucht vom Pferd gerissen. Dabei überschlug er sich einige male und blieb dann reglos auf dem Boden liegen. Entsetze Aufschreie waren aus dem Publikum zu vernehmen.

Nimmgalf wendete sein Pferd. Seine Lanze war gebrochen, doch ganz anders als er es erwartet hätte. Wie im Trance nahm er wahr, wie einige Knechte zu Praioslob herüberliefen und nach Heilern und Medici riefen. Was war nur geschehen? Bilder flammten in seinem Kopf auf vom letzten Ingerimmsturnier als er nach pervalschen Regeln in die Schranken geritten war. Sein Gegner hatte diese Begegnung nicht lebend überstanden. Aber wie war das mit Turnierlanzen möglich? Jemand musste seine Lanze manipuliert haben. Jemand, dessen Absicht es war, seinen Ruf zu ruinieren.

Er atmete schwer. Durch Buhrufe wurde er zurück in die Wirklichkeit gerissen. „Von Hirschfurten, Ihr Schlächter!“ hörte er. „Ihr habt ihn umgebracht!“ rief ein anderer. „Ein weiteres Opfer für den Bluthirschen“ war zu vernehmen. Einige Damen weinten bitterlich. Nimmgalf schüttelte den Kopf. Es war doch nicht seine Schuld. Mit wachsender Besorgnis näherte er sich dem am Boden liegenden Praioslob, dem immer noch die abgebrochene Lanzenspitze in der Brust steckte. Er konnte nichts weiter tun als abzuwarten, während die Medici sich bemühten das Leben des jungen Pulethaners zu retten…


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'Endlich! Nimmgalf! Das ist meine Chance! Dies ist mein Tag!' Euphorisch griff der junge Ritter aus Eychgras zu seiner Lanze, gab seinem Pferd die Sporen und preschte los. Krachend trafen die Kontrahenten aufeinander. Nimmgalfs Lanze brach, aber beide Kontrahenten blieben im Sattel. Hatte der Pfortenritter nicht seine Schulter kurz vorm Aufprall entblößt? War das ein Haltungsfehler, der ihm zum Sieg verhelfen könnte? Natürlich! Dies war sein Tag. Ein wenig Risiko war dabei, aber Phex war heute auf seiner Seite, so schien es. Praioslob konnte kaum den nächsten Lanzengang erwarten. Wieder gab er seinem Pferd die Sporen. Der Sieg war zum greifen nah!

Der Aufprall war sehr heftig. Mit ungeahnter Wucht wurde Praioslob aus dem Sattel gestoßen. Nimmgalfs vermeindliche Schwäche war bloß eine Finte! Das Publikum brandete auf zu einem großen Jubelsturm. "Nimmgalf! Nimmgalf!" Rufe wurden immer lauter. Plötzlich brachen die Rufe ab und ein Schrecken legte sich aufs Publikum. Der Unterlegen Ritter aus Eychgras rührte sich nicht mehr. Zwei Knechte des Ritters liefen hastig zum reglosen Körper. Hektisch kamen weitere Helfer hinzu.

Benommen machte der junge Ritter seine Augen auf. Alles war anders, so langsam, so dumpf, so ruhig. Was war passiert? Schemen tauchten vor seinen Augen auf. Sie schienen etwas zu sagen, ihn anzusprechen. Doch sie waren so weit entfernt. Er konnte sie kaum hören. Ein Schmerz pochte in seiner Schulter. Unaufhaltsam nahm die Intensität zu, zusammen mit einer großen Müdigkeit. Dem Ritter schwanden langsam wieder die Sinne. Da brach eine Stimme durch das unverständliche Gemurmel... "Hiärschfurtän! Hiääärschfurtääään! Daäs wiärst Du büüßäään!"

Runde 7 - Finale

23. Praios 1034 BF, Baronie Bärenau


Nimmgalf von Hirschfurten gewinnt gegen Lechmin Rondara von Luring

(Sieg mit 2 zu 0 Lanzen)

Sie konnte noch gar nicht so richtig erfassen, was alles in so kurzer Zeit geschehen war. Sie, die kleine Lechmin, stand tatsächlich im Finale ihres ersten richtigen Turnieres. Sie hatte jetzt in diesem Moment sogar die Chance eben dieses Turnier zu gewinnen. Was für ein überwältigender Triumph, ihr Vater würde stolz auf sie sein. Doch sie bremste sich, als sie an ihren Gegner dachte. Sie stand nun wahrhaftig ihrem eigenen Schwager, Baron Nimmgalf von Hirschfurten, dem wahrscheinlich besten und derzeit berühmtesten Turnierstreiter des Königreiches gegenüber - nach ihrem Vater natürlich. Doch dieser Mann schien heuer unbesiegbar zu sein. Sie dachte daran, wie sein letzter Gegner blutüberstömt vom Platz getragen worden war. Doch das streifte sie gelich wieder ab: Was geschah, geschah, doch Rondra würde sie beschützen. Und außerdem: Wie sie Nimmgalf kannte, würde der jetzt übervorsichtig sein, damit nicht noch einmal Blut fließen müsse. Dennoch würde dies hier mit zum ersten "ernsten" Lanzenkampf ihres bisherigen Lebens werden.

Als sie sich in der Bahn begegneten, rief sie dem Hirschfurtener zu: "Sei vosichtig, Nimmgalf, sonst musst Du's Papa erklären!" Offensichtlich hatte sie ihre Fröhlichkeit zurückgewonnen, wieder berauscht davon, hier sogar ein siebtes Mal antreten zu können. "Wie es auch ausgeht, Schwager: Es bleibt in der Familie." Dann klappte sie das Visier herunter, weshalb ihr glockenhelles Lachen dunkel schepperte, als käme es aus einem Suppenkessel.


Bei den Lanzengängen konzentrierte sich Lechmin voll auf die Abwehr, waren Nimmgalfs blitzschnelle Stöße doch weithin gefürchtet. In der ersten Runde schrammten beide lediglich mit den Lanzen über den gegnerischen Schild, ohne, dass eine von ihnen brach. Auch die zweite Runde ging ohne zählbaren Treffer vonstatten. Es war deutlich zu merken, dass der Hirschfurtener, der hier inzwischen einiges an Sympathien eingebüßt hatte, sich mit seinen Stößen zurückhielt. Zwar hatte er zuvor die Lanzen eigenhändig geprüft, um eine weitere böse Überraschung zu vermeiden, aber dennoch drosselte er seine Stöße deutlich, um seine noch recht junge Gegnerin, die zudem seine Schwägerin und die jüngste Tochter seines Lehnherren Danos war, nicht allzu stark zu gefährden. Das Publikum hielt den Atem an - laut hörbar immer dann, wenn die Rösser aufeinander zupreschten und die Kontrahenten die Lanzen senkten. Ein summendes Atemholen, eine hörbare Spannung.


In den letzten beiden Runden legte Ritter Nimmgalf schließlich einen Zahn zu, und brach jeweils die Lanze am Schild seiner Gegnerin, ohne dass er sie aus dem Sattel beförderte. Lechmin, die immer noch in erster Linie auf ihre Abwehr bedacht war, traf zwar auch den inzwischen arg zerkratzten roten Hirschfurtenschild, doch kam beide Male nichts Zählbares dabei heraus, so dass nach vier Lanzengängen der Baron erwartungsgemäß zum Sieger der Partie und somit auch zum Gesamtsieger des Turnieres erklärt wurde.


Während das Publikum seinen Apllaus aufbranden ließ - sowohl für den Pfortenritter aus Leidenschaft als auch für die röhliche Turnierzweite, die den Helm abgenommen hatte und unter ihrem Blonschopf breit grinste und den Leuten zuwinkte, ritt Nimmgalf noch einmal an seiner Schwägerin vorbei und hob das Visier. "Alle Achtung, meine Liebe! Du hast Deinem stolzen Namen heute alle Ehre gemacht, und kannst mit erhobenem Haupt nach Luring heimkehren." - "Ich dank dir, Schwager, es war ein schöner Kampf und ich habe einiges daraus gelernt. Beispielsweise, dass man nicht im Dreck landen muss, auch wenn man nicht gewinnt! Wenn wir uns das nächste mal auf der Tjostenbahn gegenüberstehen, dann werde ich's dir nicht mehr so einfach machen, das kannst Du mir glauben! Richte Ederlinde die besten Grüße aus, sie hat sich wahrlich den größten Lanzenreiter Garetiens zum Manne gewählt." Nimmgalf lächelte: "Nun, das werde ich gerne tun. Und richte Du deinem Vater aus, dass seine Tochter eine wahre Luring geworden ist, die einen stolze Tradition fortführen wird." Beide grüßten noch höflich und ritten anschließend Seit an Seit von dannen, in alle Richtungen winkend.

Am Abend wurde Nimmgalf feierlich zum Sieger des Bärenauer Lanzenstechens 1034 BF gekürt. Er hatte eindrucksvoll bewiesen, dass der Pfortenritter aus Leidenschaft zu alter Stärke zurückgefunden hatte.