Geschichten:Brennende Häuser - Hutt ruft die Verbündeten

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An die treuen Vasallen des Hauses Hartsteen

Die Zwölfe zum Grusz, Freund!

Mit dem Erhalt dieses Schriftstückes seiet Ihr auf das dringendste Gebeten, Euch sofort zu rüsten und so schnell es Euch möglich ist, Euch einzufinden auf der Burg Hutt.

Mögen die Götter uns beistehen in dieser Stunde.

Gegeben und gesiegelt auf der Burg Hutt
Am 25. Rondra im 1032ten Jahre des Falles Bosparan


Seine Hochgeboren
Alrik von Hartsteen
Baron auf Hutt


Seine Edelhochgeboren
Hilbert von Hartsteen
Pfalzgraf zu Kaiserlich Sertis

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Gut Steinfelde, Abend des 25. Rondra 1032 BF


Müde lehnte sich Praiodan von Steinfelde auf der Fensterbank zurück, hob den schäumenden Krug an den Mund und nahm einen großen Schluck des Bieres. Von draußen klangen Lautenklänge durch das geöffnete Fenster. Seit Praioswin das Instrument in Appelhof „gefunden“ und Praioswald geschenkt hatte, übte der unablässig fast jeden Abend.

Die Abkühlung tat gut nach dem langen Ritt über die Felder. Jetzt, während der Erntezeit war er jeden Tag unterwegs gewesen, einerseits, um den Hörigen keine Gelegenheit zum faulenzen zu bieten und andererseits, um etwaiger Gefahren aus dem Feidewald schnell begegnen zu können. Doch zumindest letzteres hatte sich als unnötig erwiesen. Seit der Einnahme von Appelhof war es zu keinen Überfällen mehr gekommen.

Appelhof. Die Bilder der Schlacht suchten ihn noch immer heim. Ob das die Strafe des Herrn Boron dafür war, dass er regelmäßig in Zorn geriet, wenn die Sprache auf die Ereignisse kam, welche der Einnahme der Stadt folgten? Die Siegesfeier, die Empörung, als Bodebert von Windischgrütz den Verrat der Geismarianer verkündete, der Zug gen Feste Feidewald, um dem Quintian-Quandt endlich das Handwerk zu legen. Und dann dieses Unglaubliche. Dieses Eingreifen der jungen Göttin! Wie konnte das sein? Wie konnte der Herr Praios dies zulassen? Gab es denn keine Gerechtigkeit mehr, dass diese almadanischen Mordbrenner und anderen Handlanger im Auftrag Geismars ungestraft die Heime der Streiter für die Zwölfe überfallen konnten?!

Seine Fingerknöchel waren weiß, so fest hielt er den Bierkrug umklammert. Er atmete tief durch und schloss für einen Moment die Augen, bevor er einen weiteren tiefen Zug nahm.

Die Lautenklänge verstummten und Praioswalds Stimme war zu vernehmen: „Oheim, ein Reiter kommt das Tal rauf. Sieht eilig aus.“

Der Ritter von Steinfelde stellte den Krug ab und erhob sich schwerfällig. Als er nach draußen trat, war der Berittene bereits unten am Hoftor angekommen und wurde von einer Magd eingelassen. Praiodans Neffe griff nach den an die Brüstung der Freitreppe angelehnten Krücken, die ihm mehr schlecht als recht das fehlende linke Bein ersetzten. Es hätte ein guter Ritter aus ihm werden können, wenn er das Bein nicht bei Appelhof eingebüßt hätte.

„Die Zwölfe zum Gruß, Praios zuvörderst!“ Der staubbedeckte Reiter saß ab und kam die Treppe herauf, wo ihn die beiden Steinfeldes erwarteten. „Ich habe dringende Zeitung vom Baron für Euch, Wohlgeboren. Er erwartet Euch dringend auf Burg Hutt.“

Praiodan erwiderte kurz angebunden den Gruß und reichte das ihm übergebene Schreiben an Praioswald weiter. „Worum geht es denn?“

„Ich weiß nur, was in dem Schreiben steht, Wohlgeboren. Mehr hat seine Hochgeboren von Hartsteen mir nicht mitgeteilt.“

„Nun gut. Lass er sein Pferd tränken, bevor er sich wieder auf den Weg macht. Und er selbst mag sich ebenfalls einen kühlen Trunk geben lassen.“

Der Bote entfernte sich, nachdem er seinen Lohn erhalten hatte. Praioswald erbrach das Siegel und las seinem Onkel die Botschaft von Baron Alrik von Hartsteen vor.

„Das klingt ziemlich geheimniskrämerisch, wenn du mich fragst, Oheim.“

Der brummte.

„Sag Luitberga Bescheid. Ich will noch vor dem Morgengrauen aufbrechen, sie soll mir Griffo bereithalten. Hoffentlich lohnt sich die Sache.“

Die Bauern würden mindestens zwei Tage ohne seine Aufsicht sein. Aber eine Wahl hatte er ohnehin nicht.


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Burg Allingsruh, Abend des 25. Rondra 1032 BF


„Hoher Herr, ich weiß es nicht. Doch die Sache muss größte Dringlichkeit haben, wenn die Herren uns Boten dermaßen zur Eile gedrängt haben.“

Peridan nickte. Dass der Bote sich die Worte der Hartsteener sich zu Herzen genommen hatte, daran gab es keinen Zweifel. Allein, wie er den stärkenden Trunk regelrecht hinuntergekippt hatte, sprach Bände.

„Ich danke Euch. Seid mein geschätzter Gast, solange Ihr Kräfte sammeln müsst.“ Peridan ließ einen Pagen kommen, der sich des Boten annahm, während der Burgherr den knappen Brief erneut überflog. Er hielt ihn ins goldene Licht der Abendsonne und fragte sich, was es damit auf sich hatte. Offensichtlich handelte es sich um ein dringliches Anliegen des Hauses Hartsteen, auch wenn der Graf nicht persönlich gesiegelt hatte. War Gefahr im Verzug?

„Idra, du musst.“ „Ich habe zwei kleine Kinder, um die ich mich kümmern muss. Wie stellst du dir das vor, Peridan?“ Idra sprach ruhig mit ihrem Gatten, den sie nicht gerne ziehen lassen mochte. Die jüngste Vergangenheit war bewegt genug gewesen – Appelhof und der Verlust des Wetterwenders, die ganze unangenehme Sache mit Brinian... Idra wollte die Zeit der Zurückgezogenheit, die sich inzwischen eingestellt hatte, nicht aufgeben. In ihrem Inneren wusste sie aber, dass diese bereits mit dem Eintreffen des Boten geendet hatte.

„Gib die kleine Rufina und den kleinen Sighart in die treusorgenden Hände der Amme. Ich weiß ja, wie schwer dir das fällt, aber momentan gibt es einfach andere Prioriäten. Idra, ich brauche dich als starke Herrin von Allingsruh – jetzt, wo ich nicht hier weilen kann.“ Idra stemmte ihre Hände in die Hüfte. „Na, hör mal, Prioritäten! Das sind unsere Nachkommen, über die du ein wenig wegwerfend sprichst, wie mir scheint.“ Peridan nickte hastig. „Schön und gut, ja. Aber nicht unsere einzigen. Außerdem schulden wir es den Menschen Hartsteens, dass wir denjenigen unterstützen, der ihnen zurückgeben will, was sie schon so lange vermissen. Da müssen wir auch einmal zurückstehen." Peridan überging Idras zusammengezogene Brauen geflissentlich.

"Hör zu: Ich weiß nicht, warum man mich hat rufen lassen. Aber es duldet keinen Aufschub. Und mir bleibt wie es aussieht leider keine Zeit für ausführliche Überlegungen oder Planungen. Du schaffst das schon! Du musst!“ Peridan drückte seiner Frau einen respektvollen aber flüchtigen Kuss auf die Stirn und eilte dann los. „Du hast es bisher immer alles gemeistert!“ rief er über seine Schulter zurück, bevor der Gang eine Biegung machte.

Idra blieb unbewegt mit dem Brief in der Hand stehen. Und sie stand noch dort, als Peridan samt einigen Bewaffneten die Burg längst verlassen hatte. Die Götter mochten wissen, wann er wieder heimkehren würde.