Geschichten:Brandspuren - Rauchzeichen

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Traviakloster zu Hutt, 11. Boron 1043 BF

Die Schlunder Ritter hatten sich weiter unten am Klosterweg zwischen die weitausladenden Eichen zurückgezogen, wo sie vor dem stärker werdenden Regen etwas geschützt waren. Durch die kalten Schleier kündeten nur noch schemenhafte Gestalten von ihrer Gegenwart ergänzt um die hin und wieder herüberdringenden gedämpften Geräusche von Pferden und Waffen.

Die Zeit dehnte sich in Richtung Unendlichkeit und die Laune des Hartsteener Wegevogtes wurde immer schlechter, je schwerer der Mantel um seine Schultern wurde. Es schmerzte ihn irgendwann nicht mehr nur die frische Narbe am Bein, sondern auch die alte Bolzenwunde machte sich beim langen Sitzen im Sattel unangenehm bemerkbar. Und es half auch nichts, dass der junge Ettel Ettelschwert leise vor sich hin schimpfte. Der junge Heißsporn wäre lieber eher als später über die Schlunder hergefallen. Aber dieses Vorgehen hatte sich angesichts der Bitte des Herolds verboten und so blieb nur das Warten auf die Rückkehr desselben. Dabei überkam Praiodan von Steinfelde bedauernd der Gedanke, wie lange es schon her war, dass er selbst so jung gewesen und voller Tatendrang für Kaiser Answin ins Feld gezogen war. Damals schien alles klar so klar wie Luringer Glas gewesen zu sein, doch heute...

Schließlich kam einer der Betbrüder im strömenden Regen den Klosterweg herunter, welcher sich mittlerweile in ein kleines glucksendes Bächlein verwandelt hatte: „Ihre Hochwürden lässt bitten, Euch mitsamt Euren Getreuen an der Pforte einzufinden.“

„Und was ist mit denen da?“, fragte Ettelschwert barsch, „Die will ich lieber keinen Augenblick aus den Augen lassen.“

„Dann seid beruhigt. Sie werden ebensolchen Bescheid erhalten“, erklärte der Mann sanft und schritt scheinbar unbeeindruckt vom abfälligen Schnauben des Kriegers an den Hartsteener Kämpfern vorbei auf die Schemen unter den Eichen zu.

Praiodan und seine Leute staunten nicht schlecht, als sie vor dem Tor beiderseits des Weges sämtliche Bewohner des Klosters versammelt fanden, offenbar, um dem Einzug der Bewaffneten beizuwohnen; doch keiner von ihnen sprach ein Wort.

„Hochwürden, was soll das werden?“, wandte sich der Steinfelder angesichts dieses Aufzuges an die Äbtissin, die sie in der ersten Reihe erwartete. „Auch wenn seine Mauern geborsten sind, ist dies doch ein heiliger Ort. Wer ihn betritt, muss sich zuerst der strengen Prüfung der Guten Mutter unterziehen“, erklärte sie ausweichend aber mit großer Bestimmtheit und winkte drei der bereitstehenden Akolythen heran, „Ich darf Euch bitten abzusteigen und das letzte Stück auf dem Weg in Ehrfurcht mit entblößtem Haupt zu Fuß zu gehen. Eure Rösser und Waffen übergebt den Brüdern und Schwestern hier! Herold Foyerberg wird Euch dann im Hof empfangen und erklären, wie es weitergehen soll.“

„Wenn das Euer Wunsch ist, so will ich ihn mit meinen Leuten befolgen, Hochwürden. Allerdings sind wir dann nicht mehr in der Lage, Euch zu schützen, sollte...“, gab Praiodan zögernd zu bedenken.

Die Äbtissin nickte: „Ich bin mir dieses Risikos bewusst, doch ich vertraue der Gütigen. Dies soll ein Ort des Friedens sein und bleiben.“

„Na schön“, der Wegevogt ließ seine Leute absitzen und die Zügel ihrer Pferde mitsamt der Kriegswerkzeuge den Dienern der Travia übergaben, welche dann langsam vor ihnen her durch die übrige versammelte Menge auf das Klosterportal zugingen.

„Das wird ja immer schöner“, raunte Ettel Ettelschwert, als er seinen Helm löste und unter den Arm klemmte, „Erst lassen wir uns entwaffnen und dann von diesen Pfaffen begaffen!“

„Ich habe zwar keine Ahnung, was hier los ist“, raunzte der Steinfelder zurück, „Aber es geht immer auch darum, Haltung zu bewahren. Also Haltung, Ettelschwert!“

Er fühlte die Blicke Dutzender Klosterbewohner auf sich gerichtet, die ihn aufs Genaueste beobachten und tuschelnd die Köpfe zusammensteckten – gänzlich ohne die sonst übliche Scheu seinem Stand gegenüber. Praiodan entdeckte beunruhigt so manchen soliden Stab oder kräftigen Knüppel in der Hand eines der Versammelten. Aber nichts weiter geschah und er durchschritt schließlich mit seinem Gefolge die Klosterpforte, wo die Hartsteener vom Herold Foyerberg in Empfang genommen wurden.

„Gut. Ihr habt diese Prüfung der Gütigen vor den Augen ihrer Diener bestanden“, verkündete der und mahnte, „Möget Ihr nun den Frieden in diesen geborstenen Mauern halten!“

Die Fragen des Wegevogtes wimmelte Foyerberg jedoch mit einem knappen „Später!“ ab und beäugte weiter das stumme Prozedere, dem sich wenig später ebenso die Schlunder Ritter unterzogen. Diese passierten das Tor jedoch ebenfalls ohne Zwischenfall und gleich nach ihnen strömten auch die Klosterbewohner in den Innenhof zurück.

„Würdet Ihr uns jetzt endlich aufklären?“, verlangte der Steinfelder zu wissen.

„Nichts lieber als das“, verkündete der Herold, „Die braven Leute vor dem Tor sollten sehen, ob sie jemanden vom gestrigen Angriff unter den Euren oder den Unsrigen wiedererkennen. Offenbar ist dies nicht der Fall und ich kann meinem Herrn gegenüber bezeugen, dass weder Ihr noch Herrn Reoderichs Leute hier an dem lästerlichen Angriff beteiligt waren. Und das ist doch ein gutes Zeichen.“

„Hmm“, brummte Praiodan, „Aber das Schlechte daran ist, dass wir die wahren Schuldigen nicht kennen.“

„So ist es. Und darum möchte ich Euch und Herrn Reoderich, auch im Namen von Hochwürden Firine von Luring, einen Vorschlag für einen Waffenstillstand unterbreiten....“