Geschichten:Blutiger Ernst - Keine Zeit

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Irgendwo im Moloch Gareth, Anfang Ingerimm 1035 BF

Dunkelheit und Schmerzen. Das ist alles, was Sigman umgibt. Nur langsam kommt er zur Besinnung, seine Kehle ist trocken und rau, sein Kopf wie in eine dicke Decke gehüllt. Kein klarer Gedanke ist zu fassen, und immer wieder der stechende Schmerz des linken Armes. Die Wunde scheint nicht recht verheilt zu sein, was allerdings bei dem dreckigen Zustand des Kellerraums kein großes Wunder ist. Der scharfen Geruch seines eigenen Urins, der erbärmliche Gestank seines eigenen Kots, längst hat der Verstand aufgehört solche Nebensächlichkeiten wahrzunehmen. Wie sollte denn sonst der letzte Rest Würde aufrecht erhalten werden?

Sigman wälzt sich stöhnend auf die Seite, spürt die Fussfessel. Wieder und wieder geht ihm jener Abend (ja, war draußen überhaupt Abend oder nicht doch eher ein milder Frühlingsvormittag? Hier in diesem Loch jedenfalls ist ewige Nacht) durch den Sinn, hätte er etwas anders machen können? Nach zwei Tagen ohne jedes Wasser hatte Narbengesicht ihm mit dumpfem Blick einen Holzbecher mit Brackwasser gereicht, den er gierig hinunterstürzte. Erst am Nachgeschmack merkte er, dass etwas nicht stimmte. Der Raum verschwamm vor seinen Augen, es fiel ihm schwer den Kopf hoch zu halten. Dann erschien die Gestalt in der Tür, ein blankes Handbeil in der rechten, eine flackernde Kerze in der linken Hand. Narbengesicht trug einen Holzklotz herein. Dann spürte er nur noch, wie seine linke Hand auf das feuchte Holz gelegt wurde. Wie viele Tage er später schliesslich erwacht war, weiss er nicht. Er zweifelt inzwischen daran, überhaupt wach zu sein. Dies alles kann ja nichts anderes sein, als ein Alpdruck, geschickt direkt aus den Niederhöllen.

Die Rationen sind seltener und deutlich schlechter geworden. In dem spärlichen Licht der Kerze, die Narbengesicht ihm an manchen Tagen im Kellerraum lässt, aufgehängt an einen Haken an der Wand, unerreichbar hoch für Sigman, kann er den blauen und grünen Schimmel an den Brotresten erkennen, die sie ihm, als ob er ein Schwein in einem Koben wäre, zum Frass vorwerfen.

Ein Poltern lässt ihn erstarren. Dumpfe Schritte nähern sich dem Kellerraum und die schwere Eichentür wird aufgerissen. Sigman kann Narbengesicht ganz klar erkennen, er hält eine Öllampe. Die anderen drei Gestalten, in Kapuzenmäntel gehüllt, tragen einen zierlichen Körper in das Kellerloch und werfen ihn im hohen Bogen in die Sigman gegenüberliegende Ecke. Wieder wird die Tür von Außen verriegelt. Leises Frauenwimmern erfüllt den feuchten Raum.

»Seid Ihr verletzt?«, flüstert Sigman in die Dunkelheit ohne eine Antwort zu erhalten. Mit ruhiger, sanfter Stimme spricht er weiter zu dem verängstigten Wesen. »Mein Name ist Sigman von Weyringhaus. Ich bin verletzt, diese Männer haben mir meine linke Hand abgehackt und die Wunde heilt nicht. Ich befürchte, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt.« Er lauscht, keine Antwort. Nur ein leises gleichbleibendes Weinen. »Wer seid Ihr?« Im Schluchzen versteht er kaum den Namen. »Selinde von Borstenfeld

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An Seine Hochwohlgeboren Oldebor von Weyringhaus von der Raulsmark!
 
 
 
 
Eure Zeit läuft ab.
 
 
 
 
Gezeichnet
Yelwyn von Brachenhag