Geschichten:Aus Altem entsteht Neues – Aufbruch nach Waldstein

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Baronie Hartsteen, Junkertum Retoshügel, Burg Retokuppe, Anfang Rondra 1034 BF

Dramatis Personae


Burg Retokuppe, Rondra 1034 BF:

Der Spiegelpanzer zwickte, als Andres den Waffengürtel um den Leib seines Herrn schlang. "Ardo hat Recht: Papier macht dick", stöhnte Bernhold.
"Wenn Ihr Euch entschließen könntet, eine Leibwache mitzunehmen, bräuchtet Ihr die Rüstung nicht zu tragen, Herr", gab Andres zu bedenken.
"Ich reite allein", erwiderte Bernhold, und seine Stimme ließ keinen weiteren Widerspruch zu. Er ließ den Reitersäbel aus der Scheide gleiten, nickte zufrieden und steckte ihn zurück. "Außerdem habe ich Majuna dabei", fügte er hinzu.
"Majuna ist nur ein Pferd, Herr", sagte Andres besorgt.
"Für diesen Satz würde man dir anderswo die Zunge heraus schneiden, was in deinem Falle ausgesprochen schade wäre", antwortete Bernhold lachend.
"Wir sind nicht anderswo", gab Andres trotzig zurück.
"Genug", sagte Bernhold scharf, "hast du die Armbrust eingepackt?"
"Ja, Herr." Andres nickte kleinlaut.
"Und das Manuskript von 'Ehre, List und Strategie'?", fügte Bernhold hinzu, "Mich interessiert, was Feenwasser dazu zu sagen hat."
"Ist eingepackt, Herr. Es wird ihm gefallen", antwortete Andres.
"Das Buch soll nicht gefallen, es soll zum Nachdenken anregen", widersprach Bernhold, nahm den Baburiner Hut vom Rüstungsständer, klemmte ihn unter den Arm und schickte sich an, zu gehen.
"Ja, Herr, das wird es Herr. Eine gute Reise und möge Aves Euch beschützen", sprach Andres und eilte sich, seinem Herrn die Tür auf zu halten.
"Vielen Dank, Andres", antwortete Bernhold, "und du fühle dich wie der Herr im Haus, während ich weg bin. Aber nicht in meinem Bett."
Andres errötete und wollte etwas entgegnen, aber Bernhold war bereits im Treppenhaus verschwunden.

Bernhold trat aus dem Pallas ins Freie und blinzelte in der blendenden Sonne. Er zog den Helm auf (der dankenswerterweise einen kleinen Schirm über den Augen hatte) und ging in Richtung Stall. Dort stand sein Grauschimmel schon fertig gepackt und gesattelt, doch nicht einer der Wächter hielt das Pferd am Zügel, sondern sein Freund Arved, der sich offenbar von ihm verabschieden wollte. Er hatte den Oberkörper entblößt, so dass das Spiel seiner enormen Muskeln sichtbar war, als er das unruhig scharrende Pferd mit festem Griff an Ort und Stelle hielt.
"Du reitest allein", bemerkte er, "find' ich nich' gut."
"Da bist du schon der Zweite", gab Bernhold lakonisch zurück, "aber dummerweise bin ich hier derjenige, der entscheidet."
"Schon recht", brummte Arved. "Herr", fügte er nach einer kurzen Pause hinzu.
"Ich geb' dir gleich 'Herr', Arved. Bringst du mich noch zum Tor, oder bist du beleidigt?", fragte Bernhold schnippisch.
Arved war offenbar nicht beleidigt, und so schlenderten zwei Männer und ein Tulamide durch die sonnendurchflutete Burg zum Tor. Dort angekommen, zog sich Bernhold auf sein Ross. "Mach's gut, Arved, gib Travine und den Kindern einen Kuss von mir. Ich bin sicher in vier Wochen wieder hier. Tu mir den Gefallen und schau hier ab und an nach dem Rechten. Ich glaube Andres hat sich einiges in Sachen Damenbesuch vorgenommen."
"Der alte Schwerenöter. Obwohl, du könntest auch mal wieder eine Frau vertragen. Bist dick geworden. Und jetzt hau ab", sprach Arved und gab Majuna einen Klaps auf die Flanke, worauf hin dieser stieg und in vollem Galopp davon sprengte.
"Eibenhain, ich komme!", rief Bernhold der Sonne entgegen.