Geschichten:Augen und Ohren überall...

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Das Klirren der Degen erfüllte den Fechtsaal im Haupthaus von Burg Mor'Tres.

Claudio di Conserrano © BB

„Verzeiht, Dame Alena.“

Seufzend nahm Claudio das Rapier herunter und sah seine Schülerin aufmerksam. „Eure Versuche einer Klingenbindung zu Beginn sind zu harmlos.“

Der Liebfelder schwelgte in den Künsten seines Fechtmeisters, der ihm die Kampfeskunst schon als Kind beigebracht hatte. Jeder echte horasische Edelmann sollte sich seiner Ansicht nach auf das filigrane Klingenspiel verstehen.

Geduldig korrigierte Claudio Alenas Fußstellung und zwinkerte ihr verführerisch zu. Ihr Vater, der Baron von Gallstein war zwar wieder zurück, was erforderte, dass sie bei ihrer Liebelei vorsichtiger werden mussten, aber hin und wieder fanden sie doch Zeit füreinander.

„Also noch mal.“ Claudio trat einen Schritt zurück und hob die Waffe.

In diesem Moment betrat einer der fleißigen Diener den Saal und verbeugte sich artig.

„Verzeiht, Herr di Conserrano. Ein Bote hat dieses Schreiben für Euch abgegeben.“

Gelangweilt senkte der Horasier die Waffe und nahm den Brief mit der freien Hand entgegen. „Du kannst dich entfernen.“

Eilig verneigte sich der Diener erneut in Richtung des Horasiers und der Dame, um dann wieder durch die breite Eichentür zu verschwinden.

Mit skeptischem Blick faltete der Vogt das Schreiben auf; seine Blicke flogen hastig über die Zeilen.

Einer der gekauften Spitzel hatte sich gerührt. Eine ansehnliche Frau in edlen Gewändern, einem prachtvollen Ross und dem Akzent einer Fremden aus dem Westen hatte nach einem Reisenden gefragt. Sie erkundigte sich ebenfalls nach einer blauen Armbinde. Offenbar reiste sie allein. Wer war sie bloß?

Claudio rümpfte die Nase. Es hätte schlimmer kommen können. Zeit für ihn, heraus zu finden, wer da so neugierig war. Innerlich beglückwünschte er sich zu der Investition in einige bedürftige Leute, die willens waren, ihm zu helfen.

Er warf den Degen einem der Diener zu, die an der Tür standen und verabschiedete sich von Alena. „Verzeiht, meine Teuerste. Ich muss fort. Richtet Eurem Herrn Vater mein Bedauern darüber aus, dass ich ein paar Tage nicht hier sein werde. Ein alter Bekannter hat mir geschrieben, dass er in Schwierigkeiten steckt.“

Er küsste ihre Hand zärtlich und lächelte verwegen. „Ich bin sicher, dass Euer geschätzter Vater beim Anblick Eures elfengleichen Antlitzes jegliche Verärgerung über meinen übereilten Aufbruch vergessen wird. Eure klare, liebliche Stimme und der unschuldige Aufschlag eurer leuchtenden Augen, vermochte ihn bis jetzt noch jedes Mal zu besänftigen – selbst wenn er vorher in löwengleichem Zorn durch seine Gemächer tobte.“

Geschmeichelt lächelte Alena, sie kannte diese Art des Vogtes bereits. Am Anfang war sie noch jedes Mal ins Schwärmen geraten, wenn er sie mit Komplimenten überschüttete, doch mit der Zeit hatte sie heraus gefunden, dass er sich auf diese Weise stets die Frauen nur gefügig machen wollte. Manchmal ließ sie sich darauf ein, denn sie kannte dieses Spiel sehr genau und wusste ihrerseits, ihre Talente und Reize einzusetzen, um die Männer nach ihrem Gutdünken für ihre Zwecke einzuspannen.

„Ich wünsche Euch viel Erfolg bei der Lösung des Problems Eures Bekannten,“ sagte sie in einem leicht abfälligen Tonfall, den Claudio allerdings ignorierte.

In seinen Gemächern angekommen, kleidete er sich rasch um und rief einen Diener zu sich. „Mein Rapier, rasch! Und sattelt mein Pferd! Ich brauche Proviant für einige Tage. Wird er sich wohl beeilen!“

Ungehalten trieb er den Knecht zur Höchstleistung an. Dieses unkompetente Personal im Mittelreich trieb in allmählich in den Wahnsinn. Den Wert eines Edlen maß man an drei Dingen: seinem Auftreten, seiner Herkunft und an der Qualität seiner Güter und Diener. Was würde er für wenigstens einen vernünftig ausgebildeten Leibdiener geben ...

Hastig machte er sich auf den Weg in den Hof, den Dreispitz unter den Arm geklemmt, die Balestrina im Halfter an seiner Reisetasche.

Jetzt würde sich ja zeigen, wer da seine Nase in Sachen steckte, die ihn, oder in diesem Fall sie, nichts angingen ...