Geschichten:Allerlei Neuigkeiten

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Reto wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Es war recht warm an diesem Tag im Rahja und der Wind schwieg sich nahezu aus. Innerlich graute ihm schon vor der Schwüle der anstehenden Namenlosen und er war froh genug, dass der unseelige Jahreswechsel noch fast zwei Wochen hin war. Unter anderem blieb so auch noch die Zeit, die Palisaden seines eher rustikalen Landsitzes zu verstärken - nur für den Fall der Fälle. In den Trollzacken war mit allem zu rechnen. Mit befehlsgewohnter Stimme bellte er: "So, nun nochmal - auf drei!" Beherzt griff er nach dem Seil und bereitete sich vor. Die Leute schienen ihm anzurechnen, dass er nicht nur sie schuften ließ sondern voranging. Und so hatten sie in den letzten Jahren viel geschafft. "Eins - zwei - drei!" Mit einem Ächzen der Seile hob sich der dicke Stamm und glitt dann in den vorbereiteten Graben auf der Wallkrone. "Festbinden! Sagmal, wo glotzt du schon wieder hin?" - "Herr, da kommt wer. Ihr bekommt Besuch!" Reto stutzte, nickte dann, machte aber dennoch eine unwirsche Geste zur Spitze der Palisade hin. "Sieh dennoch zu, dass das hält. Und dann holt schonmal den nächste Stamm, ihr wißt, wies weitergeht..."

Während seine Leute weiterarbeiteten, machte sich der Edle von Hagenshain auf den Weg zum Tor des Gutshofes, um zu sehen, wer ihn da beglückte. Er brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass sein Lehnsherr aus dem Westen zurück war. Zwischen den Torflügeln seines Anwesens erwartete er Aldron von Firunslicht, den Landvogt. Kaum war dessen kleine Gruppe näher gekommen, rief er ihm zu: "Willkommen in Hagenshain, Hochgebohren! Das sind aber nicht die Siedler, die ihr anwerben wolltet für mich! Sind im Flachland inzwischen blühende Landschaften ausgebrochen, das keiner mehr hierher ziehen will?" - "Die kommen nach, Binsböckel, aber ich habe Neuigkeiten und will wissen, was am Pass vonstatten ging in meiner Abwesenheit." Reto winkte mit weit ausholender Bewegung. "Dann nur wacker heran und herein..."

Einige Zeit später waren die Pferde versorgt und die Herren saßen in der Halle des Gutshofes zusammen. Bei einem kühlen Bier aus dem Keller des Edlen besprachen man die Reise des Landvogtes, der von seiner Begegnung mit dem Markgrafen berichtete und von seinen ersten Erfolgen in Knoppsberg und Gluckenhang. "Wart ihr auch auf Thannfest?" - "Das wohl. Allerdings weniger fruchtbar. Hochgeboren Efferdane bauen allein auf Praios Ordnung in diesem Gefüge." Reto nickte nur leicht. "Es war ja auch nicht zu erwarten, dass sofort der ganze Norden geschlossen hinter euch steht." - "Soweit korrekt. Allerdings hat die ihr Wohlwollen gegenüber der Initiative ausgedrückt. Und auf Perlenblick hat mir die Landjunkerin zugesichert, über den Vorschlag nachzudenken. In Vellberg indes hat man verschieden ausgeprägte Vorbehalte gegen im Süden verbreitetes Brauchtum. Um Connar ist es bedauerlich." - "Ein wackerer und aufrechter Streiter, wohl wahr. Aber er ist auch nicht mehr der Jüngste und hat sich Ruhe redlich verdient. Auch so ist das doch schon ein guter Anfang. Was gibt es denn sonst noch so am Fluß?"

Aldron lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. "Merkwürdiges geht vor. Am ganzen Darpat bis hoch nach Rommilys hört man allenthalben Geschichten von Monströsitäten, die dem Wasser entsteigen. Man jagt sie bereits, es gab aber wohl noch keine ausschlaggebenden Erfolge. Ein paar Schmuggler wurden gefaßt immerhin." Er machte eine kurze Pause und musterte Reto eingehend. "Wie verlief die Unterbringung des Grafen und seiner Leute auf dem Marsch? Besondere Vorkommnisse?" Reto wog kurz den Kopf hin und her. "Das übliche, wenn Heere durchziehen. Aber sie haben sich nicht lange aufgehalten und das Mädchen hat sich ganz wacker geschlagen im Umgang mit seiner Hochwohlgeboren und den Seinen. Ansonsten war es auch ruhig die letzten Monde. Man könnte fast meinen, alle Unholde der Welt seien sebst zu nichts mehr in der Lage." - "Davon ist wohl nicht auszugehen. Hat man inzwischen endlich einen Feldrich... ich meine einen Leutnant für die Schwerter geschickt? Ich will meinen, lang genug abwesend gewesen zu sein." - "Nein, Herr Oberst. Kein Wort aus Perricum."

Aldrons Stirnfalte wuchs ein wenig an und er brummte unwillig. "Das bedeutet, das zweite Banner geht ohne einen einzigen regulären Offizier ins neue Jahr." - "Ernennt doch diesen ibn Jarrah zum Leutnant und laßt ihn das Banner interimsweise führen. Ich denke, er kann es. ich habe ihn beobachtet." - "Ohne Frage. Nur kann ich mich kaum über das Prozedere hinwegsetzen. Ich bin lediglich Kommandant der Festung und führe die Truppen in diesem Zusammenhang. Befördern kann ihn nur sein Vorgesetzter. Und nach Niederriets Weggang ist Tälerort die nächsthöchste Instanz. Gleiches gilt für dauerhafte Versetzung."

Nun war es an Reto einen Laut des Unwillens herauszubringen. "Das sind ja zamorrische Zustände! Ich glaub, ich habe das verdrängt. In den Jahren zuvor haben wir uns um sowas nicht scheren können. Ist es nicht schön, dass die Zeiten friedlich genug sind, dass wir uns organisiertes Chaos wieder leisten können?" Da sein Sarakasmus beim Firunslicht aber nicht ankam, verstummte er und spülte ihn lieber mit einem Schluck Bier hinunter.

"Ich bezweifle die Möglichkeit auf unserer Seite und den Nutzen noch mehr", gab dieser spröde zurück. Reto nickte. "natürlich, nur was wollt ihr tun." - "Sobald ich auf Angareth bin, werde ich ein Schreiben aufsetzen, in dem ich Ersatz für die Niederriet anmahne. Bis der kommt, übernehmt ihr wie besprochen kommissarisch den Innendienstteil und ibn Jarrah das Gelände. Und ich gedenke, alsbald ein persönliches Gespräch mit Oberst von Tälerort zu führen. Wir müssen diese Makel aus der Welt schaffen."



 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Markgrafschaft Perricum.svg   Wappen Markgraeflich Arvepass.svg   Wappen Herrschaft Hagenshain.svg  
 Dorf.svg
 
15. Rah 1032 BF
Allerlei Neuigkeiten
Unter Sturmfelsern


Kapitel 4

Autor: metal