Geschichten:Abgründe - Steine soweit das Auge reicht

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Ritterherrschaft Ostbrisken am Fuße des Wachturms Hohenbrisken vom 24. - 25.Efferd 1042BF

Bald schon waren die Männer kaum wiederzuerkennen. Kaum einen Mond war der neue Reichsritter bestallt, schon rief er zum Frondienst um das Kellergewölbe des alten Gemäuers Hohenbrisken zu räumen… Schuttwerk soweit das Auge reichte… Zumindest wenn man den Treppenabgang ins Kellergewölbe hinabblickte. Zwei der fünf Männer hievten die Steinbrocken die Stufen hinauf, um sie dort an zwei weitere Kameraden zu übergeben. Draußen wurden sie aufgetürmt, je nachdem ob sie wiederverwendet werden konnten, entsorgt oder zunächst gebrochen werden mussten. Der feine Staub der Trümmerteile klebte an ihren schweißnassen Gesichtern und bedeckte die feste Kleidung. Zur Praiosstunde schauten die Männer verdutzt auf den viel zu kleinen Steinberg. „Wenn der Keller genauso groß ist wie der Rest vom Turm, dann haben wir echt ne scheiß Menge Arbeit vor uns…“ murrte Lares und biss herzhaft in eine Rehkeule…Zu diesem Zeitpunkt wünschten sich die Männer ein wenig Aufmerksamkeit des Herrn Efferd in dem nach ihm benannten Mond. Doch das kühlende Nass wollte nicht vom Himmel fallen, wenn auch unzählige Wolken in schwindelerregendem Tempo über den Himmel schossen. Lange hatten die Männer nicht um dem Treiben der Wolken zuzuschauen oder ihrer Sehnsucht nach Ackerarbeit nachzuhängen. Hane mahnte zur erneuten Aufnahme der Arbeit.

„Jetzt nagt nicht an den Knochen wie abgemagerte Hunde. Wir haben noch viel vor uns, diese drei Schuttberge hier draußen sind immer noch viel zu klein. Ich habe Euch nur für drei Tage einbestellt und möchte diese Dauer jetzt nicht verlängern – ihr habt schließlich Weiber die auf Euch warten und Äcker, die euch mindestens genauso dringend brauchen. Also los, bei Anbruch der Dunkelheit brechen wir die Arbeiten für heute ab, bis dahin haben wir aber noch einigen Schweiß zu vergießen - oder wollt Ihr am Ende etwa weniger Steine geschleppt haben als ich?“ Mit einer beiläufigen Bewegung seines Handgelenks warf er die Knochenreste des Rehs in die brennenden Holzscheite, grinste die Männer an und schritt energisch voran um seinen vier Untertanen ja keine Möglichkeit zum Widerspruch zu geben. Die Männer sprangen auf, angestachelt von der Herausforderung und begannen lauthals feixend die Anzahl der großen Brocken die ein jeder geschleppt hatte, zu diskutieren.
Ob sie sich ein solches Rumgelümmel bei einem blaublütigen Adelsspross wohl auch leisten würden? …vielleicht bin ich zu lasch mit ihnen. Naja, ich habe mich für authentisch statt autoritär entschieden und das ziehe ich jetzt auch erstmal durch!

Der Nachmittag verging wie auch der folgende Tag mit angestrengter Arbeit. Die fünf Männer kamen vorwärts, wenn auch nur mühsam. Sie hatten den Fuß der Treppe mittlerweile freigelegt und sich von dort aus vorsichtig zu den Seiten vorgetastet. Die Wand entlang der Treppe war von zahlreichen Rillen durchzogen, offenbar durch den Einsturz beschädigt.

„Also wenn Ihr mich fragt Hoher Herr, dann stimmt hier irgendwas nicht…Immer wenn wir nen großen Klotz weghieven, dann liegen darunter hundert Kleine um die Lücke zum nächsten Großen zu füllen. Da is ja kein Platz verschwendet. Und die Decke sieht auch ganz…unbeschädigt…aus. Was soll denn da eingestürzt sein?“, fragte Hartmann.

„Hartmann, bei dir klingt Steine schleppen ja echt nach ner Sache für Akademieabgänger. Vielleicht bist du deshalb so langsam beim Tragen – du denkst zu viel nach…“, spottete Ardo und erntete einen verärgerten Blick von Hartmann.

„…und du klingst ja so, als hätten se dich bei der Criminalkammer in Gareth ausgebildet. >Decke sieht ganz unbeschädigt aus< …Is doch hier kein Verbrechen zum Aufklärn!“, stieg Lares auf den Spott-Karren auf.

„Er hat aber Recht!“, klang es von leicht abseits des Lagerfeuers um das die Männer saßen. Gerwulf hatte gerade zwei neue Holzscheite zum Nachlegen geholt und warf diese nun in die Flammen, während alle Blicke auf ihm ruhten.

„Das sehe ich auch so!“, rief Hane in Ardos tiefen Atemzug hinein und schnitt ihm damit direkt das Wort ab.
„Das Gewölbe wirkt verdammt nochmal aufgefüllt und nicht eingestürzt. Irgendetwas liegt dort unten begraben und wir sind dabei es freizulegen. Ich habe keine Ahnung was das sein soll, aber ich befürchte wir werden es schon bald wissen! …außer natürlich wir halten uns weiterhin damit auf über den Ort von Hartmanns Ausbildung zu philosophieren…“ Darauf gab es zunächst nur Gemurmel als Antwort und wie auf ein unhörbares Kommando überprüften alle fünf Männer den Füllstand ihres Bierkrugs.

„Vielleicht haben die einstigen Herren des Turms ihre Schätze dort unten verschüttet um sie später zu bergen? So schwer die Goldtruhen, dass es leichter war das Gewölbe zu verschütten, als die Truhen abzutransportieren…“ Hartmann hatte auf einmal ein Lodern in den Augen, das Hane bei ihm die letzten zwei Tage allzu gern gesehen hätte.

„Das wird’s sein! Bestimmt ist der ganze Hügel mit einer riesigen Schatzkammer unterhöhlt und das Gewölbe ist nur der Eingang zu den unterirdischen Gängen…“ Ardo schubste Gerwulf zur Seite, der sich gerade erst hingesetzt hatte, um mit Hartmann die Zusammensetzung und Aufteilung des Schatzes ausführlich zu diskutieren.

„Ein verschüttetes Kellergewölbe…is nie n gutes Zeichen… Herr Boron steh uns bei – da sind mir die dreiäugigen Hasenböcke aus der Brache allemal lieber. Die fressen Stahl genauso ungern wie alle anderen Kreaturen aus Fleisch und Blut. Aber ruhelose Geister in verschütteten Kellern…“ Lares hatte seinen trotzigen Unterton gegen ein leicht verstörtes Flüstern eingetauscht. Er spuckte aus und konnte hinter der mürrischen Fassade doch eine leichte Blässe um die Nase herum nicht verbergen.

„Also ich nehm morgen die Stapelschicht hier draußen, der Treppenabgang wird mir auch so langsam zu eng…“ steuerte Gerwulf bei und leerte den letzten kümmerlichen Rest aus seinem Krug.

„Schluss jetzt mit den Goldgräbergeschichten von unterirdischen Gängen und spukenden Geistern. Da sind Steine im Keller, nicht mehr und nicht weniger. Wir schaffen diese Steine gemeinsam von da drinnen, nach hier draußen. Was kann da unten schon sein, was uns Kindern dieser Lande noch Angst machen könnte? Jetzt rollt Euch in die Decken ein und schlaft, damit das Gejammer morgen durch harte Arbeit vertrieben werden kann. Bellrik II. und ich übernehmen die erste Nachtwache, Lares und Ardo ihr seid danach dran.“ Auf Hanes Geheiß wurden die letzten Tropfen aus den Krügen geholt und die Gruppe verstreute sich in die Schlafecken des Erdgeschosses, die rund um den Kamin angeordnet waren.

Als Hartmanns seliges Schnarchen ertönte und auch der Rest der Meute endlich der Erschöpfung nachgegeben hatte, konnte Hane in Ruhe seinen Gedanken nachhängen. Was der Keller ihm wohl bereithalten würde? Er schritt in weitem Rund um den nächtlichen Turm herum, den kritischen Blick stets Richtung Waldrand gerichtet. Das Knacken, Schmatzen und Surren des unheiligen Wesens, das die Dämonenbrache war, war ihm im letzten Mondlauf zu einem ständigen Begleiter geworden… Ein grünlicher Schimmer drang hier und da durch das Dickicht, nur um wenige Herzschläge später der vollen Schwärze der Nacht das Feld zu räumen…