Geschichten:Übungskämpfe und ein Rundgang

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Im Innenhof des Wehrturms hatten an einer Seite einige Leute Platz genommen.
Bärfrieds Vater, Mutter, Onkel und Tante aber auch seine Gemahlin und sein Vetter Bran hatten es sich nicht nehmen lassen dem Übungskampf der Baronin beizuwohnen.
Es geschah selten dass Besuch kam, noch seltener dass dieser eine Hochadlige war und am aller seltensten - man könnte meinen bisher noch nie - dass dieser Besuch dann auch noch einen Übungskampf mit Bärfried veranstaltete.
Und so saßen die Leute auf Bänken und hergebrachten Stühlen, während Elissa und Bärfried voreinander standen.
"Nun, verehrte Elissa vom Berg, wie wollen wir es machen? Gleiche Waffen? Unterschiedliche Waffen? Ein Übungsduell bis auf das erste Blut nehme ich an? Drei Runden?"
Bärfried strahlte förmlich, er schien in seinem Element und freute sich sichtlich ser Baronin sein Können mit dem Schwert zeigen zu können.
Auch Elissa, die sich für die bevorstehenden Übungskämpfe mit einem schmucklosen Gambeson gerüstet hatte, wirkte voller Energie und Vorfreude auf die bevorstehende Waffenübung. Allzu lange hatte sie keinen wirklich fordernden Gegner gehabt; die Kampffähigkeiten der Waffenknechte auf Burg Mallvenstein waren entweder (zumeist) von eher überschaubarem Format oder (seltener) hielten sich gegenüber ihrer Herrin sichtlich zurück - sehr zu deren Verdruss - auch wenn die Baronin ihnen dies nicht verübeln konnte.
“Ja, drei Runden, erstes Blut. Guter Vorschlag, Herr Bärfried! Und das Ganze mal Zwei! Wo bliebe denn sonst der Spass?”, erwiderte die Baronin mit blitzenden Augen und einem breiten Grinsen. “Wenn ich hier schon einen Partner von Eurem Format für die Übungskämpfe habe, dann will ich das auch auskosten. Wie wäre es, wenn wir mit den Schwertern begännen und dann zu Schwert und Schild übergingen?”
Bärfried gab mit einem kurzen Nicken zu verstehen, dass er diesem Vorgehen einverstanden war und so machten sich beide Kämpfer für ihr Kräftemessen bereit und nahmen an den entgegengesetzten Enden des Hofes Aufstellung.

Es oblag dem Herrn zu Hardenfels, Wolfhelm, das Zeichen zum Beginn zu geben. Sein Sohn ergriff sofort die Initiative und deckte die Vellbergin mit einem wahren Hagel von Schwerthieben ein, derer sie sich nur mit sichtlicher Mühe erwehren konnte, zumal diese Angriffe nicht nur kraftvoll sondern auch gut platziert vorgetragen wurden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Ritter den ersten richtigen Treffer landen und damit den Kampf beenden würde. Dachten zumindest die Zuschauer. Dem Erben von Hardenfels wurde letztlich eine winzige Unaufmerksamkeit zum Verhängnis. Während einer seiner Attacken vernachlässigte er für einen kurzen Moment seine zuvor für Elissa geradezu undurchdringliche Deckung. Die Adlige erkannte dies und stieß mit ihrem Schwert in die sich ihr bietende Lücke, womit sie Bärfried überraschte, welcher eher mit einem seitlich geführten Hieb gerechnet hatte. Der Stich überwand nicht nur die Deckung sondern auch die Rüstung ihres Gegenübers, der eine kleine Fleischwunde und damit auch die Niederlage davontrug.

Beide Adligen legten anschließend eine kurze Pause ein, um etwas zu trinken, sich im Falle Bärfrieds verbinden zu lassen oder, insbesondere Elissa betreffend, wieder zu Atem zu kommen. Während Bärfried verbunden wurde und Elissa sich kurz ausruhte und etwas trank, schwiegen die beiden Kämpfer. Lediglich als sich ihre Blicke trafen nickten sich beide anerkennend und zufrieden zu. Dieses Messen ihrer Kräfte erfüllte beide mit großer Zufriedenheit.

Für den nächsten Kampf verwendeten sie zwei verstärkte Holzschilde. Im Falle der Baronin handelte es sich dahingehend um ein besonderes Exemplar, als dass dieses an der Innenseite eine Art Stulpen aus verstärktem Leder aufwies, der über den Armstumpf geschoben wurde. Fixiert wurde der Schild an Ober- und Unterarm mit zwei eng anliegenden Lederriemen. Diese Art der Befestigung war zwar mit zunehmender Dauer unangenehm bis schmerzhaft, ermöglichte es der Adligen aber weiterhin, einen Schild führen zu können.
Erneut nahmen Baronin und Ritter Aufstellung. Erstere war fest entschlossen, sich von Bärfried kein zweites Mal überrumpeln und in die Defensive drängen zu lassen. Dennoch oblag es wieder Letztgenanntem, den ‘Tanz’ zu eröffnen und auch zu dominieren. Das Ende wenig später war dann doch eher unspektakulär: Bei einer Schildparade geriet die Vellbergerin so sehr in Rückenlage, dass sie stürzte. Zwar trat ihr Gegner sofort zwei Schritte zurück, um ihr Gelegenheit zu geben, wieder aufzustehen, dennoch war der Kampf entschieden. Elissa hatte nämlich versucht, sich beim Sturz mit der Hand abzufangen und dabei eine recht schmerzhafte Verstauchung des Handgelenks erlitten. An eine Fortsetzung des Kampfes war daher nicht zu denken, sodass die Baronin mit leicht säuerlicher Miene ihre Aufgabe erklärte. Bärfried ließ also sein Schild sinken, steckte das Schwert weg und half der Baronin auf.
Ihr wurde aus dem Schild geholfen und die Mutter Bärfrieds kümmerte sich um die verstauchte Hand.
"Ihr habt gut gekämpft. Auch wenn ich Euch in die Defensive gedrängt habe hattet ihr eine gute Deckung. Wärt ihr nicht gefallen, Wer weiß ob ihr dann nicht auch diesen Kampf für Euch entschieden hättet!" Bemerkte Bärfried aufrichtig und zufrieden.
“Tja, wer weiß? Aber in solchen Kämpfen - egal, ob als Übung oder auf Leben und Tod - sind derlei Gedanken müßig. Entweder man gewinnt, oder man verliert. Wichtig ist lediglich, dass beides ehrenhaft vonstatten geht”, antwortete die Adlige. Und mit einem Lächeln fügte sie hinzu: “Und da dies hier der Fall gewesen ist, besteht auch kein Grund, dass wir unsere Siege schmälern, zumal Ihr beide Male wirklich vortrefflich gekämpft habt.”
Nachdem Isabella das Handgelenk der Baronin verbunden und damit fixiert hatte, wandte sich die Vellbergerin ihr zu: “Seid bedankt für Eure kundige Hilfe! Der Verband sitzt wirklich ausgezeichnet und sollte meine Hand erstmal ruhigstellen und so für eine hoffentlich rasche Genesung sorgen.”
Dann blickte Bärfried aber doch etwas besorgt, "glaubt Ihr, Ihr könnt mit eurer Hand noch auf die Pirsch gehen? Das war zumindest mein Plan Für heute Nachmittag…"
“Dann machen wir das auch so!”, erwiderte die Angesprochene bestimmt, doch mit einem breiten Grinsen im Gesicht. So schnell gebe ich nicht auf und da nichts ernstlich verletzt wurde, bin ich guter Dinge, meine Hand am Nachmittag wieder einigermaßen gebrauchen zu können. Das muß ich auch wohl, da mir nur diese eine geblieben ist”, schloss Elissa mit einem schiefen Lächeln. “Wie wäre es, wenn Ihr mir bis zum Mittagessen bei einem Rundgang Euren Familiensitz und die Lande drum herum zeigt? Und nach dem Essen machen wir dann ein oder zwei Stunden Pause, um anschließend auf die Jagd zu gehen, so meine Hand nichts dagegen hat. Was meint Ihr?”
Bärfried nickte mit einem zufriedenen Lächeln.
Und so führte er die Baronin durch die engen, kargen und eher dunklen Räume und Gänge des massiven Wehrturms, dem Stammsitz der Familie Hardenstatt.
Im Erdgeschoss befanden sich die wenigen Räume des Gesinde, die Küche und Lagerräume.
Wobei sie vor allem in die Küche nur einen kurzen Blick werfen konnten, da diese keinerlei Platz mehr für die Blaublütigen hatte.
Im 1. Geschoss nahm sich Bärfried vor allem Zeit Elissa den Ritterraum zu zeigen. Hier hingen Die Portraits der Herren des Hardenfels und den vergangenen Familienoberhäuptern. Dabei legte Bärfried wert darauf, der Baronin zu erklären, dass bislang der Herr des Hardenfels zwar auch immer das Familienoberhaupt war, dass das aber nicht selbstverständlich sei. Denn die Ritterfamilie hielt die darpartische Tradition hoch, dass das scheidende Oberhaupt seinen Nachfolger bestimmen darf.
Aufmerksam nahm die Baronin die gezeigten Räumlichkeiten in Augenschein, welche für ein Rittergeschlecht durchaus respektabel waren. ‘Erstaunlich’, ging es ihr durch den Kopf, ‘dass diese Wehrtürme anscheinend überall zumindest sehr ähnlich aufgebaut sind, fast wie in Weiden!’
Als Bärfried die Nachfolgeregelung bezüglich des Familienoberhaupts ansprach, stutzte die Adlige kurz. ‘Wie unpraktisch, beide Positionen voneinander zu trennen. Damit schwächt man sich und seine Familie doch nur selbst, als wenn jemand für sie UND ihr Lehen gleichermaßen spräche!’ Wohlweislich verzichtete Elissa jedoch darauf, ihren Gedanken dem Ritter mitzuteilen. Zum einen, weil diese Regelung sie letztlich nichts anging, zum anderen, da ihr nicht daran gelegen war, deswegen einen Dissens entstehen zu lassen.